„Chemische Waffe“ – Versionsunterschied

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{{Weiterleitungshinweis|Giftgas|Für den gleichnamigen Film aus dem Jahre 1929 siehe [[Giftgas (Film)]].}}
'''Chemische Waffen''' sind künstlich hergestellte [[Gift|Giftstoffe]], die gezielt als Waffen gegen einen Kriegsgegner entwickelt und hergestellt werden. Sie gehören zu den [[ABC-Waffen]].
[[Datei:WMD-chemical.svg|mini|hochkant|Warnzeichen der US-amerikanischen Streitkräfte für chemische Waffen]]


'''Chemische Waffen''' (auch '''Chemiewaffen''') sind [[Gift|toxisch]] wirkende feste, flüssige oder (als '''Giftgas''') gasförmige Substanzen oder Gemische, die – in Verbindung mit der notwendigen Waffentechnik zur Ausbringung ([[Granate]]n, Sprühvorrichtungen) – ursprünglich hergestellt wurden, um Menschen in [[Krieg|kriegerischen]] Auseinandersetzungen sowie bei [[Terror]]- und [[Sabotage]]akten zeitweilig kampf- bzw. handlungsunfähig zu machen oder zu töten.<ref name="roemppCW">{{RömppOnline|ID=RD-03-01212|Name=chemische Waffen|Abruf=2013-09-09}}</ref> In der 1997 in Kraft getretenen [[Chemiewaffenkonvention]] wird die Verwendung auf jede Chemikalie in Waffen erweitert, deren toxische Eigenschaften Menschen oder Tieren zeitweiligen oder permanenten Schaden zufügen, und auch die zu ihrer Produktion verwendeten Vorgängerstoffe werden, sofern sie nicht für eine andere Form der Weiterverarbeitung vorgesehen sind, zu den chemischen Waffen gezählt.<ref name="CWC">''[http://www.opcw.org/chemical-weapons-convention/articles/article-ii-definitions-and-criteria/ Article II. Definitions and Criteria.]'' [[Chemical Weapons Convention]], abgerufen am 10. September 2013.</ref> Im erweiterten Sinn werden auch Brand- ([[Napalm]]), Nebel- und Rauchstoffe sowie [[Entlaubungsmittel]] ([[Herbizid]]e) und [[Nesselstoff]]e zu den chemischen Waffen gerechnet.<ref name="roemppCW" /> Chemische Waffen gehören zu den [[Massenvernichtungswaffe]]n (CBRN-Waffen).


== Geschichte ==
Bereits im [[Peloponnesischer Krieg|Peloponnesischen Krieg]] 431 bis 404 v.&nbsp;Chr. setzten die [[Sparta]]ner Brandkörper ein, die hohe Luftkonzentrationen von [[Schwefeldioxid]] verursachten. Bei der [[Eroberung von Dura Europos]] setzten die Sassaniden 256 n. Chr. gegen die Römer auch [[Naphtha]] ein. In der [[Schlacht bei Liegnitz (1241)]] wurden die christlichen Ritter von den Mongolen durch „dampfausstoßende Kriegsmaschinen“ in Schrecken versetzt.


Die ersten modernen chemischen Waffen sind im [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] eingesetzt worden. Es handelte sich um unmittelbar einsatzbereite ''unitäre'' Kampfstoffe,<ref>{{Internetquelle |url=http://www.bundesheer.at/truppendienst/ausgaben/artikel.php?id=69 |titel=Das aktuelle ABC-Bedrohungsbild |werk=[[Bundesheer]] |autor=Hermann Lampalzer |datum=2003 |zugriff=2018-07-09 }}</ref> die zunächst auf Substanzen basierten, die bereits in der [[Chemische Industrie|chemischen Industrie]] verwendet wurden, also in ausreichend großen Mengen vorhanden waren; das waren Gase wie [[Chlor]], [[Phosgen]], [[Cyanwasserstoff]] (Blausäure) oder [[Arsenwasserstoff|Arsin]]. Diese hatten jedoch zwei große Nachteile: Zum einen waren sie durch wechselnde Windrichtungen unberechenbar (so konnte eine Gaswolke auf die eigene Stellung zurückgeweht werden), und andererseits verflüchtigte sich das Gas relativ schnell. Daher sind die meisten späteren chemischen Kampfstoffe Flüssigkeiten, die als [[Aerosol]]e versprüht werden. Das hat zur Folge, dass die Substanzen an Boden, [[Kleidung]], [[Haut]] und [[Gasmaske]]n klebenbleiben und auch in die Filter eindringen können. Deshalb ist die Verweildauer viel länger als bei Gas.
=== Einsätze von chemischen Waffen ===


Das Hauptziel der neueren Kampfstoffe ist nicht allein die Lunge, sondern auch die Haut. Ein solcher Kampfstoff [[Diffusion|diffundiert]] durch die Haut hindurch in die Blutbahn und wird so schnell im ganzen Organismus verteilt. Daher stellen nur [[Chemikalienschutzanzug|Ganzkörperschutzanzüge]] einen ausreichenden Schutz gegen Kampfstoffe dar. Ein bekannter und wichtiger Kampfstoff dieser Gruppe ist [[Senfgas|Schwefellost]], auch bekannt unter dem Namen Senfgas.
Der erste Einsatz von chemischen Waffen fand im [[Erster Weltkrieg|1. Weltkrieg]] am [[22. April]] [[1915]], als [[Deutschland|deutsche]] Truppen 150 Tonnen Chlorgas aus Flaschen entweichen ließen. Da [[Chlor]] schwerer ist als [[Luft]], sank es nach unten in die französischen Schützengräben und forderte dort rund 5000 Tote und 10.000 Verletzte. Bald darauf wurden chemische Kampfstoffe auch von der Gegenseite eingesetzt. Später wurden die Kampfstoffe durch Giftgasgranaten verschossen, bei denen durch farbige Kreuze erkennbar war, welche Art von Kampfstoff sie enthielten. Chemische Waffen verursachten im 1. Weltkrieg insgesamt etwa 100.000 Tote und 1,2 Millionen Verwundete auf beiden Seiten.


Dass bereits 21&nbsp;Jahre vor dem Ersten Weltkrieg die Entwicklung von Chemiewaffen politisch relevant war, zeigt ein Artikel der ''[[The Times|Times]]'' von 1893, in dem das ''War Office Explosives Committee'' die Unmöglichkeit thematisierte, Tests der neuen Waffen geheim zu halten:


: „Die Experimente müssen teilweise in den eigenen Labors durchgeführt werden, die an öffentliche Einrichtungen angegliedert sind, an deren Angestellte kein offizieller Anspruch auf Geheimhaltung gestellt werden kann; teilweise im Gebäude des ''War Department Chemical Establishments'', wo Angestellte verschiedenster Grade arbeiten und wo laufend Beamte aller Art vorbeischauen, sowie Privatpersonen; gleichzeitig muss die Einrichtung ihre praktischen Experimente im Freien auf dem Gelände des Waffenlagers ausführen, wozu die Zeitungsreporter und ihre Agenten freien Zugang haben.“<ref>''The Times'' vom 24. August 1893, S.&nbsp;9: ''The Explosives Committee.''</ref>


=== Erster Weltkrieg ===
Am [[17. Juni]] [[1925]] wurde das [[Genfer Protokoll]] unterzeichnet, das den Einsatz von chemischen Waffen untersagt. Trotzdem setzten sowohl [[Italien]] in Abessinien, dem heutigen [[Äthiopien]] ([[1935]]/[[1936|36]]) als auch [[Japan]] in [[China]] diese Waffen ein. Im [[Zweiter Weltkrieg|2. Weltkrieg]] wurden keine chemischen Kampfstoffe eingesetzt, vermutlich aus Angst davor, dass der Gegner sie dann ebenfalls einsetzen würde.
{{Hauptartikel|Gaskrieg während des Ersten Weltkrieges}}


[[Datei:Livens gas projector loading.jpg|mini|Livens-Gasgranatwerfer werden geladen]]
[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-F0313-0208-007, Gaskrieg (Luftbild).jpg|mini|Luftaufnahme eines deutschen Blasangriffs (1916)]]
[[Datei:British 55th Division gas casualties 10 April 1918.jpg|mini|Durch Giftgas geblendete britische Soldaten warten auf die Behandlung]]


Im Ersten Weltkrieg kam es zum ersten Einsatz von chemischen Kampfstoffen im August 1914 durch [[Französische Streitkräfte|französische Truppen]], die [[Xylylbromide|Xylylbromid]]&nbsp;– ein für die [[Polizeipräfektur (Paris)|Pariser Polizei]] entwickeltes [[Tränengas]]&nbsp;– gegen deutsche Truppen einsetzten. Erste Versuche beider Seiten mit Stoffen wie [[Bromessigsäureethylester]] (durch Frankreich im März 1915) und o-[[Dianisidinchlorsulfonat]], einem feinkristallinen Pulver, das Schleimhäute der Augen und Nase reizte (durch Deutschland am 27.&nbsp;Oktober 1914 bei [[Neuve-Chapelle]]), verliefen nicht zufriedenstellend, da die Stoffe sich beim Abschuss durch die entstehende Hitze zersetzten.


In großem Umfang setzte zuerst das [[Deutsches Heer (Deutsches Kaiserreich)|deutsche Heer]] Kampfgase ein, als Ende Januar 1915 an der [[Ostfront (Erster Weltkrieg)|Ostfront]] bei [[Schlacht bei Humin|Bolimów]] in [[Weichselland|Polen]] bei einer Offensive der [[9. Armee (Deutsches Kaiserreich)|9. Armee]] mit [[Xylylbromide|Xylylbromid]] gefüllte Geschosse gegen [[Kaiserlich Russische Armee|russische Truppen]] abgefeuert wurden. 18.000 Gasgranaten waren bereitgestellt worden, deren Wirkung aber durch Kälte und Schnee nahezu aufgehoben wurde.<ref>''Der Weltkrieg von 1914 bis 1918.'' Band 7: ''Die Operationen des Jahres 1915. Die Ereignisse im Winter und Frühjahr.'' Mittler & Sohn, Berlin 1931, S.&nbsp;166.</ref> Ungleich bekannter wurde jedoch der erste wirkungsvolle Einsatz von chemischen Waffen an der [[Westfront (Erster Weltkrieg)|Westfront]] vom 22.&nbsp;April 1915 in der [[Zweite Flandernschlacht|Zweiten Flandernschlacht]] bei [[Ypern]]. Das deutsche [[XV. Armee-Korps (Deutsches Kaiserreich)|XV. Armee-Korps]] unter General der Infanterie [[Berthold Deimling|von Deimling]] ließ 150 Tonnen [[Chlorgas]] nach dem so genannten [[Fritz Haber|Haberschen]] Blasverfahren aus Flaschen entweichen. Eingeatmetes Chlorgas führt zu einem lebensbedrohlichen [[Acute Respiratory Distress Syndrome|toxischen Lungenödem]]. Da Chlor schwerer als [[Luft]] ist, sank das Gas in die französischen Schützengräben und forderte dort angeblich rund 5000 Tote und 10.000 Verletzte; heute geht man von 1.200 Toten und 3.000 Verwundeten aus.<ref>Gerhard Hirschfeld, Gerd Krumeich, Irina Renz: ''Enzyklopädie Erster Weltkrieg.'' 2. Auflage. Paderborn 2004, ISBN 978-3-506-73913-1, S.&nbsp;520.</ref><ref>Vgl. auch Volker Hartmann: ''Medizin im Gaskrieg. Vor 100 Jahren: Einsatz von Chlorgas bei Ypern.'' In: ''Wehrmedizinische Monatsschrift.'' Band 59, 2015, S. 159–163.</ref>
Die [[USA]] versprühten im [[Vietnamkrieg]] große Mengen an Entlaubungsmitteln (''Agent Orange''), die eigentlich zwar bewirken sollten, dass Wälder durch den Verlust der Blätter nicht mehr als Versteck des Vietcong dienen konnten, trotzdem aber Langzeitfolgeschäden bei der Bevölkerung auslösten.


Frankreich setzte als erste der kriegführenden Nationen am 22.&nbsp;Februar 1916 [[Phosgen]] (COCl<sub>2</sub>) in Reinform ein, nachdem [[Deutsche Gastruppen im Ersten Weltkrieg|deutsche Gastruppen]] eine Mischung aus Chlorgas mit einem etwa fünfprozentigen Zusatz von Phosgen bereits Ende Mai 1915 an der Ostfront in [[Bolimów]] an der [[Bzura]] gegen russische Truppen<ref>[[Hans Günter Brauch]]: ''Der chemische Alptraum, oder, gibt es einen C-Waffen-Krieg in Europa?'' Dietz Verlag, 1982, ISBN 978-3-8012-0079-4.</ref><ref name="Duisberg Kühlem">Carl Duisberg, Kordula Kühlem (Hrsg.): ''Carl Duisberg (1861–1935): Briefe eines Industriellen.'' Oldenbourg Verlag, 2012, ISBN 978-3-486-71283-4.</ref> sowie an der Westfront am 31.&nbsp;Mai 1915 bei [[Ypern]] gegen französische Truppen<ref>Georg Feulner: ''Naturwissenschaften: Daten, Fakten, Ereignisse und Personen''. Compact Verlag, 2008, ISBN 978-3-8174-6605-4.</ref> verwendet hatten. Phosgen wird der größte Anteil an allen Gasverletzten zugeschrieben. Später wurden die Kampfstoffe mittels [[Giftgasgranate]]n verschossen, bei denen durch farbige Kreuze ([[Nasen- und Rachenkampfstoff|Blaukreuz]], [[Gelbkreuz]], [[Grünkreuz]] und [[Weißkreuz]]) erkennbar war, welche Art von Kampfstoff sie enthielten.
An der Westfront wurde verstärkt „Gelbkreuz“ eingesetzt, das für Hautkampfstoffe stand.


==== Buntschießen ====
Während des Ersten Weltkrieges wurden Kampfstoffe in der Spätphase häufig kombiniert eingesetzt. Stark reizend wirkende Kampfstoffe in Aerosol- oder Pulverform wie [[Nasen- und Rachenkampfstoff|Blaukreuz]] konnten die Filter der Gasmasken durchdringen und zwangen die Träger, die Gasmaske abzunehmen. Gleichzeitig mit diesen [[Maskenbrecher]]n wurden lungenschädigende Kampfstoffe wie [[Grünkreuz]] eingesetzt. Der kombinierte Einsatz verschiedener Kampfstoffe zu diesem Zweck wurde als „Buntschießen“ oder „Buntkreuz“ bezeichnet.


Bei der Offensive deutscher und [[Österreich-Ungarns Armee im Ersten Weltkrieg|österreichisch-ungarischer Verbände]] im Raum [[Bovec|Flitsch]]-[[Tolmin|Tolmein]] (Schlacht von Karfreit oder auch [[Zwölfte Isonzoschlacht]]) am 24.&nbsp;Oktober 1917 wurde der Angriff durch „Buntschießen“ von Gas[[Batterie (Militär)|batterien]] vorbereitet. Die italienischen Soldaten verfügten nur über ungenügende oder gar keine Schutzbekleidung – in diesem Abschnitt starben durch den Gasangriff über 5.000 Italiener. Die angreifenden Verbände hatten es dadurch erheblich leichter, den Durchbruch durch die italienische Front zu erreichen. Auch die psychische Wirkung auf die Italiener war verheerend. Sehr viele Soldaten ergaben sich den Angreifern, die [[Kampfmoral]] sank drastisch. Die italienische Front musste bis an den [[Piave]] zurückgenommen werden; zur Verstärkung wurden französische und britische Verbände an diese Front verlegt. Die Italiener konnten die Lage nach einer Reorganisation später selbst wieder stabilisieren. Im Juni 1918 versuchte Österreich-Ungarn in einer [[Zweite Schlacht am Piave|letzten Offensive]], den Piave zu überschreiten. Der Angriff war jedoch nicht erfolgreich, da zum einen die Italiener besser gegen Gasangriffe gerüstet waren und zum anderen ein Teil der chemischen Waffen zu lange gelagert worden war und damit seine Wirksamkeit verloren hatte.
In den [[1980er|80er]] Jahren setzte der Irak Chemiewaffen sowohl gegen die eigene [[Kurden|kurdische]] Bevölkerung als auch im iranisch-irakischen Krieg gegen den [[Iran]] ein.


Ein weiterer militärisch erfolgreicher Fall von Buntschießen, wie von Oberst [[Georg Bruchmüller]] erfunden, erfolgte bei der [[Deutsche Frühjahrsoffensive 1918|Deutschen Frühjahrsoffensive]] vom 21.&nbsp;März bis 17.&nbsp;Juli 1918 an der Westfront in Nordfrankreich. Dabei lag das Augenmerk nicht auf einer langen [[Artillerie]]vorbereitung und einem schwerfälligen Angriff auf breiter Front, sondern auf einem kurzen, aber zusätzlich durch gemischten Einsatz von [[Gasgranate]]n effektiven Artillerieschlag. Danach sollten die sogenannten [[Sturmbataillon]]e nachrücken und verbliebene [[Widerstandsnest]]er ausräumen. Der gemischte Gaseinsatz lähmte dabei die Widerstandskraft des Gegners entscheidend.


==== Bewertung von chemischen Kampfstoffen als Kriegswaffe ====
Chemische Kampfstoffe werden heute allgemein als die schrecklichsten Waffen des Ersten Weltkrieges angesehen. Sie verursachten kurzzeitig große Ausfälle, wobei allerdings im Vergleich zu anderen damaligen Waffen die Todesraten sehr gering waren. Trotz der teilweise qualvollen Verletzungen waren die Heilungschancen besser als im Vergleich zu Verwundungen durch Schussverletzungen oder Artillerie; abgesehen von den Spätfolgen wie zum Beispiel [[Hautkrebs]] im Falle von [[Loste#Schwefelloste (S-Lost)|S-Lost]], die zum Teil erst nach Jahrzehnten eintraten.


Chemische Waffen verursachten im Ersten Weltkrieg auf beiden Seiten insgesamt etwa 90.000 Tote und 1,2 Millionen Verwundete, wobei aufgrund mangelhafter Schutzausrüstung allein auf Russland mehr als die Hälfte dieser Toten entfiel. An der Westfront hatten die Alliierten etwa doppelt so hohe Verluste wie die Deutschen.<ref>[http://www.firstworldwar.com/weaponry/gas.htm Analyse des Giftgases im Ersten Weltkrieg].</ref> Deutschland und Österreich-Ungarn rüsteten ihre Soldaten mit wirksameren Gasmasken aus und konnten so höhere Verluste bei Gasangriffen vermeiden.
=== Arten von chemischen Kampfstoffen ===


Aufgrund der verhältnismäßig niedrigen Todesrate (ca. 90.000 Tote; manche Historiker nehmen an, dass insgesamt nur 18.000 Mann an der Westfront durch Gasangriffe starben) und der teilweise unkalkulierbaren Wirkung infolge von nicht vorhersehbaren Faktoren wie bspw. wechselnde Windrichtungen gilt Giftgas im Ersten Weltkrieg als eine wenig effektive Waffe.<ref>[http://www.sueddeutsche.de/leben/historie-hoellische-wolke-1.2447818 Höllisch Wolke]</ref>
*'''Atmungsgifte'''


=== Zwischen den Weltkriegen (1918 bis 1939) ===
*'''Blutkampfstoffe''' stören die Sauerstoffaufnahme aus dem Blut und führen so zu inneren Erstickung. Zu den Blutkampfstoffen gehören [[Blausäure]] (als Zyklon B in den Gaskammern der Konzentrationslager verwendet), Chlorcyan und Arsenwasserstoff.
[[Datei:Bundesarchiv Bild 102-01001, Potsdam, Gasschutzübung.jpg|mini|Gasschutzübung 1926 in [[Potsdam]]]]


Im Ersten Weltkrieg hatte die Flugzeugtechnik deutliche Fortschritte gemacht: Reichweite, Zuverlässigkeit, Geschwindigkeit und maximale [[Zuladung]] hatten stark zugenommen. Auch hatten alle Seiten die Nützlichkeit von [[Aufklärungsflugzeug]]en erkannt.
*'''Hautkampfstoffe''' sind gut fettlöslich und können so in kurzer Zeit über die Haut in den Körper ein, wo sie Schädigungen der Organe hervorrufen. Sie waren die ersten Kampfstoffe, die nicht eingeatmet werden mussten, um zu wirken. Gasmasken alleine bieten also keinen Schutz gegen Hautkampfstoffe. Zu diesen Kampfstoffen gehören Senfgas (nach den Erfindern '''Lo'''mmel und '''St'''einkopf auch Lost genannt) und Lewisit. Sie wurden als ''Gelbkreuz''-Kampfstoffe bezeichnet.


Ab 1919 wurde das Konzept der kolonialen Herrschaft und Kontrolle aus der Luft von [[Winston Churchill]] erstmals umgesetzt. Die [[Royal Air Force]] sollte dabei die Kontrolle über die [[Kolonie]]n im [[Naher Osten|Nahen Osten]] übernehmen und ausführen. Neben konventionellen Waffen wurden dabei auch Giftgaseinsätze aus der Luft erwogen und von Churchill ausdrücklich gefordert. Aufgrund von technischen Problemen wurde Giftgas nur mit den bereits im Ersten Weltkrieg erprobten Methoden gegen die arabische Bevölkerung im [[Irak]] angewandt. Dabei kam es auch zu Giftgaseinsätzen gegen die [[Kurden]] in [[Sulaimaniyya]] im heutigen Irak.<ref>[[Noam Chomsky]]: ''Deterring Democracy.'' Hill and Wang, New York 1992, ISBN 978-0-374-52349-7, S.&nbsp;181–182.</ref>
*'''Lungenkampfstoffe''' führen zur Schädigung der Lunge und zur Bildung von Lungenödemen, wodurch sich die Lunge mit Flüssigkeit füllt und das Opfer praktisch ertrinkt. Zu dieser Gruppe von Kampfstoffen gehören Chlorgas und Phosgen, das die meisten Giftgasopfer (etwa 80%) im 1. Weltkrieg forderte. Sie wurden wegen der Markierung auf den Granaten auch als ''Grünkreuz''-Kampfstoffe bezeichnet.


Vorbehalte britischer Militärs wies Churchill zurück und erklärte: „Ich verstehe die Zimperlichkeit bezüglich des Einsatzes von Gas nicht. Ich bin sehr dafür, Giftgas gegen unzivilisierte Stämme einzusetzen“, ließ er verlauten. Das eingesetzte Gas müsse ja nicht tödlich sein, sondern nur „große Schmerzen hervorrufen und einen umfassenden [[Terror]] verbreiten“.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.globalresearch.ca/articles/CHU407A.html |titel=Winston Churchill’s Secret Poison Gas Memo |zugriff=2015-01-11 |offline=ja |archiv-url=https://web.archive.org/web/20150110002152/http://www.globalresearch.ca/articles/CHU407A.html }}</ref>
*'''Nervenkampfstoffe''' stören die Signalübermittlung an den [[Synapse|Synapsen]], was zu Krämpfen und Atemlähmung führt. Zu ihnen zählen Sarin, Soman, Tabun und VX. Sie können nicht nur über die Atemwege, sondern auch über die Haut aufgenommen werden, sodass Gasmasken alleine nicht schützen. Das wichtigste Gegenmittel ist [[Atropin]], das Gift der [[Tollkirsche]].


Ein Verband der sowjetischen Armee, zusammengesetzt vorwiegend aus Einheiten der [[Tscheka]], setzte während des [[Bauernaufstand von Tambow|Bauernaufstands von Tambow]] 1920/21 chemische Kampfstoffe zur Bekämpfung der aufständischen Bauern ein.<ref>[[Orlando Figes]]: ''Die Tragödie eines Volkes.'' Berlin 1998, S.&nbsp;811 ff; [[Richard Pipes]]: ''Russia under the Bolshevik regime.'' New York 1993, S.&nbsp;387–401. Siehe auch [[Nicolas Werth]]: ''Ein Staat gegen sein Volk. Gewalt, Unterdrückung und Terror in der Sowjetunion.'' In: [[Stéphane Courtois]] u.&nbsp;a.: ''[[Das Schwarzbuch des Kommunismus]]. Unterdrückung, Verbrechen und Terror.'' Aus dem Französischen von Irmela Arnsperger, Bertold Galli, Enrico Heinemann, Ursel Schäfer, Karin Schulte-Bersch, Thomas Woltermann. Piper, München/ Zürich 1998, ISBN 3-492-04053-5, S.&nbsp;165–178.</ref>
*'''Psychokampfstoffe''' führen zu einer vorübergehenden Verwirrung. Die [[Droge]] [[LSD]] gehört zu diesen Kampfstoffen.


Im [[Rifkrieg (1921)|Rifkrieg]] in [[Marokko|Nordmarokko]] setzte [[Spanien]] ab 1924 chemische Waffen gegen die aufständischen [[Rifkabylen]], einen Berber-Stamm, ein. Dabei wurde Spanien von Frankreich und in einem Geheimvertrag von der deutschen [[Reichswehr]] unterstützt.<ref name="balfour02">{{Literatur |Autor=Sebastian Balfour |Titel=Deadly embrace: Morocco and the road to the Spanish Civil War |Verlag=Oxford University Press |Ort=Oxford |Datum=2002 |ISBN=0-19-925296-3 |Kapitel=5 ''The secret history of chemical warfare against Moroccans.''}}</ref>
*'''Reizkampfstoffe''' greifen die Schleimhäute der Atemwege sowie die Augen an und verursachen dort erhöhte Flüssigkeitsabgabe, was zu Hustenreiz und Tränen führt. Zu den Reizkampfstoffen gehören unter anderem. CN- und CS-Gas (Tränengas), Brom- und Chloraceton, die als ''Weißkreuz''-Kampfstoffe bekannt waren. Einige Reizstoffe hatten die Fähigkeit, die Filter der Gasmasken des 1. Weltkriegs zu durchdringen (''Blaukreuz''-Kampfstoffe, ''Maskenbrecher''). Sie führten dazu, dass sich die Soldaten unter Hustenanfällen die Gasmaske vom Gesicht rissen, wodurch sie den gleichzeitig mit verschossenen Lungenkampfstoffen schutzlos ausgeliefert waren.
{{Siehe auch|Chemiewaffeneinsatz im Rifkrieg}}


Ein weiteres Mal wurde Giftgas vom [[Geschichte Italiens#Faschismus und Zweiter Weltkrieg (1922–1945)|faschistischen Italien]] im [[Zweiter Italienisch-Libyscher Krieg|Zweiten Italienisch-Libyschen Krieg]] sowie im [[Abessinienkrieg]] verwendet. Italien setzte Giftgasbomben in Äthiopien ein, nachdem die [[äthiopische Weihnachtsoffensive]] erfolgreich italienische Truppen zurückgedrängt und Versorgungslinien unterbrochen hatte. Die äthiopischen Truppen waren sehr schlecht ausgerüstet und viele Krieger kämpften noch mit Speeren. Die Krieger trugen traditionelle Kleidung und verfügten über keine Schutzausrüstung, so dass besonders das hautschädigende Senfgas zu hohen Verlusten führte. Laut sowjetischen Schätzungen kamen durch den Einsatz von Giftgas 15.000 bis 50.000 Äthiopier ums Leben.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.sipri.org/research/disarmament/chemical/publications/ethiopiapaper/at_download/file |titel=The use of chemical weapons in the 1935–36 Italo-Ethiopian War |zugriff=2015-01-11 |offline=ja |archiv-url=https://web.archive.org/web/20150924115402/https://www.sipri.org/research/disarmament/chemical/publications/ethiopiapaper/at_download/file |archiv-datum=2015-09-24 }}</ref>


{{Siehe auch|Italienische Kriegsverbrechen in Afrika}}


Der deutschen [[Reichswehr]] waren die Entwicklung und der Besitz von chemischen Waffen durch den [[Friedensvertrag von Versailles|Versailler Vertrag]] verboten. Um das Verbot zu umgehen, kooperierte Deutschland ab 1923 mit der [[Sowjetunion]] (siehe: [[Vertrag von Rapallo]]) und erprobte auf dem Testgelände [[Tomka]] chemische Waffen.<ref>Henning Sietz: [http://www.zeit.de/2006/26/A-Tomka ''Es riecht nach Senf!''] In: ''[[Die Zeit]].'' 22.&nbsp;Juni 2006 (abgerufen 1.&nbsp;September 2010).</ref> Eine Zusammenarbeit fand auch mit Spanien statt.<ref name="balfour02" />


In den USA wurden Chemiewaffen zwischen den Weltkriegen weiterentwickelt. Zuständig dafür war neben der [[American Chemical Society]] (Institut für Chemie an der [[Northwestern University]]) eine Militärbehörde, die ''National Association for Chemical Defense''.<ref>siehe dazu William Baxter: ''The Chemical Warfare Service of the United States Army During the Inter-War Period.'' Technische Universität Texas, 2004, [http://repositories.tdl.org/ttu-ir/bitstream/handle/2346/13600/31295019541787.pdf tdl.org] (PDF; 6,0&nbsp;MB)</ref> Deren Leiter H. Edmund Bullis<ref>Harold Edmund Bullis, * 1888. Der Offizier gründete später das ''Bullis Project'', eines von mehreren Vorhaben, in Grundschulen Standards für „geistige Hygiene“ festzulegen. Siehe das ''Health Instruction Yearbook 1951'', Stanford University Presse, S.&nbsp;203.</ref> empfahl 1928 sogar den Polizeibehörden den Einsatz dieser „höchst effektiven und zugleich humansten aller Waffen“, eben Chemiewaffen. In [[Cleveland]] und [[Chicago]] testeten Polizisten in dem Jahr „erfolgreich“ aus „genialen“ Füllfederhalter-großen oder aus normalen Pistolen abgefeuerte neuartige Gase, die „gezeigt haben, dass man drei oder vier Männer, die zusammen nicht weiter als fünf Meter entfernt stehen, mit einem einzigen Schuss nachhaltig ausschalten kann“. Auch Kneipen, die illegal Alkohol ausschenkten ([[Speakeasy]]s), könne man mit Chemiewaffen „mindestens einen Monat lang unbewohnbar“ machen.<ref>zitiert nach: ''War Gas Advocated to Replace Dry Padlock.'' In: ''[[New York Times]].'' 30. Juli 1928.</ref> Bullis setzte sich vehement gegen ein weltweites Verbot von chemischen Waffen im Krieg ein, mit der Begründung:


: „Wir sollten uns nicht die Hände durch eine internationale Übereinkunft binden lassen, deren Einhaltung man nicht sicherstellen kann.“<ref>''Warnos of War Gas Treaty.'' In: ''New York Times.'' 15. Juli 1928.</ref>


Er nannte als Beispiel den Austritt toxischen [[Phosgen]]gases aus einem Kesselwagen bei der [[Chemische Fabrik Stoltzenberg#Der erste Stoltzenberg-Skandal – Das Hamburger Phosgenunglück von 1928|Chemischen Fabrik Stoltzenberg]] in [[Hamburg]]. Das Deutsche Reich durfte eigentlich solche Giftgase gar nicht herstellen und lagern.


Die englische Öffentlichkeit diskutierte nach dem Ersten Weltkrieg über eine stärkere Zusammenlegung von ziviler und militärischer Forschung, wozu auch die Entwicklung neuer Chemiewaffen gehörte. „Die ganze Zukunft der chemischen Kriegführung hängt von der Farbstoffindustrie ab“, schrieb 1920 der Kriegskorrespondent der [[The Times|Londoner Times]].<ref>''The Future of the Army. Science as Substitute for Numbers.'' In: ''The Times.'' 21. Januar 1920, S.&nbsp;7.</ref>


==== Genfer Protokoll ====
[[Datei:Deutsches Reichsgesetzblatt 29T2 019 0173.jpg|mini|Gesetz über das Genfer Protokoll wegen Verbots des Gaskriegs (1929, Deutschland)]]
Die Verwendung von vergiftenden Waffen war schon vor dem Ersten Weltkrieg durch die [[Haager Landkriegsordnung]] geächtet, deren Formulierung bot jedoch ausreichend Spielraum zu verschiedenen Auslegungen, so dass der Einsatz von Giftgas nicht eindeutig verboten war. Angesichts der Gräuel im Ersten Weltkrieg wurde 1925 im [[Genfer Protokoll]] die Anwendung von Giftgasen und [[Biologische Waffen|bakteriologischen Mitteln]] ausdrücklich verboten.


Die [[Ratifizierung]] erfolgte zögerlich:
1926: Frankreich, 1928: Italien, Sowjetunion (Erklärung),
1929: Deutschland, 1930: Großbritannien, 1970: Japan, 1975: USA.<ref name="kirstein">Wolfgang Kirstein: {{Webarchiv|url= http://www.znf.uni-hamburg.de/Folien2504.pdf | wayback= 20140410023558| text=''Chemiewaffen und Chemiewaffenübereinkommen.''}} (PDF; 10,4&nbsp;MB), undatiert (offenbar 2007), S.&nbsp;30.</ref>

Viele der Unterzeichnerstaaten behielten sich bestimmte Handlungen vor, namentlich<ref name="kirstein" />
* den C-Waffeneinsatz gegen Nichtvertragsstaaten und
* Gegenangriffe, falls sie mit solchen Waffen angegriffen werden sollten (⇒ Abschreckung/Vergeltung)

Der Vertrag ist nur ein Verbot des ''Erst''einsatzes von B- und C-Waffen.<ref name="kirstein" />

=== Zweiter Weltkrieg ===
[[Datei:Japanese Special Naval Landing Forces in Battle of Shanghai 1937.jpg|mini|[[Kaiserlich Japanische Marine]]infanterie mit Gasmasken während der [[Schlacht um Shanghai (1937)|Schlacht um Shanghai]]]]

Bereits 1935 erschien das Lehrbuch ''Schulversuche zur Chemie der Kampfstoffe: ein Experimentierbuch zum Gas- und Luftschutz'' in Berlin. Der Autor Kintoff leitet zu einfachen Versuchen an und erläutert die Funktion der Gasmaske.<ref>[https://books.google.at/books/about/Schulversuche_zur_Chemie_der_Kampfstoffe.html?id=aT28tAEACAAJ&redir_esc=y Schulversuche zur Chemie der Kampfstoffe] books.google.at, Carl Heymanns Verlag, 2. Auflage 1939, abrufbar.</ref><ref>H. L.: [https://www.e-periodica.ch/cntmng?pid=zbk-001:1935:2::319 Schulversuche zur Chemie der Kampfstoffe] 1935, 175 S. – Besprechung mit Sachkritik, nach Oktober 1935.</ref>

Während des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieges]] setzte das [[Japanisches Kaiserreich|Kaiserreich Japan]] als einzige Nation chemische Waffen ein. Diese wurden zusammen mit biologischen Waffen in der [[Republik China (1912–1949)|Republik China]] gegen chinesische Truppen und auch zur gezielten [[Kriegsverbrechen|Massentötung von Zivilisten]] eingesetzt.<ref>[http://www.pbs.org/perilousfight/ PBS: Perilous Flight].</ref><ref name="JT1">{{Webarchiv |url=http://www.japantimes.co.jp/text/nn20040917f2.html |text=''Vet refuses to take Unit 731 to his grave.'' |wayback=20120429155937}} In: ''[[Japan Times]].'' 17. September 2004.</ref>

Nach Erkenntnissen der Historiker Yoshiaki Yoshimi und Seiya Matsuno erhielt [[Okamura Yasuji]] vom Kaiser [[Hirohito]] die Erlaubnis, chemische Waffen während dieser Gefechte einzusetzen.<ref>Yoshiaki Yoshimi, Seiya Matsuno: ''Dokugasusen Kankei Shiryō II.'' (Material on Toxic Gas Warfare). Kaisetsu, 1997, S.&nbsp;25–29.</ref> Zum Beispiel ermächtigte der Kaiser den Einsatz von Giftgas während der [[Schlacht um Wuhan]] von August bis Oktober 1938 in 375 verschiedenen Einsätzen gegen die 1,1 Millionen chinesischen Soldaten, von denen 400.000 während der Schlacht starben.<ref name="The Tragedy of Wuhan, 1938">''The Tragedy of Wuhan.'' 1938.</ref> Artikel&nbsp;23 der Haager Landkriegsordnung und Artikel 5 des [[Vertrag in Bezug auf die Nutzung von U-Booten und Schadgasen in der Kriegführung|Vertrages in Bezug auf die Nutzung von U-Booten und Schadgasen in der Kriegführung]] vom 6.&nbsp;Februar 1921 verurteilten jedoch bereits den Einsatz von Giftgas.<ref>Maria Hsia Chang, Robert P. Barker: ''Victor’s Justice and Japan’s Amnesia''. In: Peter Li: ''Japanese War Crimes: The Search for Justice.'' Transaction Publishers, 2003, ISBN 0-7658-0890-0, S.&nbsp;44. [http://wwi.lib.byu.edu/index.php/Washington_Treaty_in_Relation_to_the_Use_of_Submarines_and_Noxious_Gases_in_Warfare ''Washington Treaty in Relation to the Use of Submarines and Noxious Gases in Warfare.''] abgerufen am 14.&nbsp;Juni 2010.</ref> Während der [[Schlacht um Changsha (1939)|Schlacht um Changsha]] im Herbst 1939 setzte die [[Kaiserlich Japanische Armee]] ebenfalls große Mengen Giftgas gegen chinesische Positionen ein. Ein weiteres Beispiel ist die Schlacht von [[Yichang]] im Oktober 1941, in der das 19.&nbsp;Artillerieregiment die 13.&nbsp;Brigade der 11.&nbsp;Armee durch Beschuss der chinesischen Streitkräfte mit 1.000&nbsp;gelben Gasgranaten und 1.500&nbsp;roten Gasgranaten unterstützte. Das Gebiet war mit chinesischen Zivilisten, deren Evakuierung durch die japanische Armee untersagt wurde, überfüllt. Von den rund 3.000 chinesischen Soldaten in dem Gebiet waren 1.600 von der Wirkung des Gases erheblich betroffen.<ref>Yuki Tanaka: ''Poison Gas, the Story Japan Would Like to Forget.'' In: ''[[Bulletin of the Atomic Scientists]].'' Oktober 1988, S.&nbsp;17.</ref>

Während der Schlacht um [[Changde]] im November und Dezember 1943 versuchten Truppen der Kaiserlich Japanischen Armee, darunter die [[Einheit 516]], zusammen mit der Versprühung von biologischen Kampfstoffen von Flugzeugen aus, durch den massiven Einsatz von Giftgas, welches hauptsächlich mit Artilleriegranaten sowohl auf chinesische Stellungen im Umland als auch in die Stadt abgeschossen wurde, den Widerstand der Verteidiger zu brechen.<ref name="JT1" /> Bei dem eingesetzten Gas handelte es sich neben anderen Arten zur Hauptsache höchstwahrscheinlich um [[Senfgas]] und [[Lewisit]]. Im Laufe der Schlacht starben 50.000 chinesische Soldaten und 300.000 Zivilisten. Wie viele davon durch die biologischen und chemischen Waffen gestorben sind, ist ungeklärt. Sowohl die Einsätze von biologischen als auch von chemischen Waffen durch die [[Kaiserlich Japanische Armee]] werden zu den [[Japanische Kriegsverbrechen|japanischen Kriegsverbrechen]] gezählt.

Zu den zahllosen [[Japanische Kriegsverbrechen#Menschenversuche|Menschenexperimenten]] der japanischen Armee, darunter der [[Einheit 731]], gehörte auch das Testen von Giftgas an gefangenen chinesischen Zivilisten. Im Jahr 2004 entdeckten Yuki Tanaka und Yoshimi im australischen Nationalarchiv Dokumente, die belegen, dass [[Cyanid|Zyanidgas]] im November 1944 auf den [[Kei-Inseln|Kai-Inseln]] (Indonesien) an australischen und niederländischen Kriegsgefangenen getestet wurde.<ref>[http://www.japantimes.co.jp/news/2004/07/27/national/japan-tested-chemical-weapon-on-aussie-pow-new-evidence/ ''Japan tested chemical weapon on Aussie POW: new evidence.''] In: ''The Japan Times Online.'' 27.&nbsp;Juli 2004, abgerufen am 14.&nbsp;Juni 2010.</ref>

Das Verbot der Anwendung von vergiftenden, chemischen und biologischen Waffen wurde im Zweiten Weltkrieg zumindest auf dem europäischen Kriegsschauplatz weitgehend beachtet, obwohl nicht alle beteiligten Länder dem Protokoll beigetreten waren. Ein weiterer wichtiger Aspekt war auch die gegenseitige Abschreckung, vergleichbar mit der atomaren Abschreckung im [[Kalter Krieg|Kalten Krieg]]: Hätte eine der kriegführenden Parteien Giftgas eingesetzt, wurde als Folge eine Bombardierung des eigenen Territoriums mit chemischen Waffen durch Gegner befürchtet. Für den Fall, dass Deutschland an der Ostfront Kampfstoffe einsetzen sollte, hatte der britische Premierminister Churchill bereits im Mai 1942 mit einem Großeinsatz von Kampfstoffen gedroht. Ein amerikanischer Plan vom April 1944 sah für den Fall des Kampfstoffeinsatzes durch Deutschland einen Vergeltungsangriff gegen 30 große deutsche Städte vor. Innerhalb von 14 Tagen sollten in diesem Fall die Städte mit einer Gesamtfläche von 217&nbsp;km² angegriffen und über ihnen insgesamt 15.345&nbsp;t Senfgas (Lost) und 21.176&nbsp;t Phosgen abgeworfen werden. Wegen der extrem hohen Kampfstoffkonzentration in diesem Fall (168 Gramm je Quadratmeter) gingen Schätzungen von 5,6 Millionen unmittelbar durch den Einsatz Getöteten und weiteren 12 Millionen an den Folgen des Angriffs Gestorbenen und Verletzten aus<ref>https://www.spiegel.de/politik/vom-himmel-hoch-a-cac15f3c-0002-0001-0000-000013531696</ref>.
Die Pläne wurden schließlich aufgeben, weil einerseits der befürchtete vorangehende Giftgas-Einsatz Deutschlands nie stattfand, andererseits aber auch aus der Erkenntnis heraus, dass der großflächige Einsatz von Giftgas zum Ausbruch von Seuchen unter den Überlebenden geführt hätte, was wiederum den vorrückenden alliierten Truppen gefährlich geworden wäre.
[[Datei:Hitlerwarn.jpg|mini|hochkant|Ein britisches Plakat während des Zweiten Weltkrieges warnt vor möglichen Gasangriffen]]
An den europäischen Fronten sind während des ganzen Zweiten Weltkriegs nur vier Fälle bekannt geworden, in denen Menschen durch Kampfstoffe getötet oder verletzt wurden, dabei handelte es sich um einen gezielten Kampfstoffeinsatz sowie drei Unfälle:

* Vermutlich aufgrund der Entscheidung eines einzelnen Offiziers verwendeten [[Polnisches Heer vor dem Zweiten Weltkrieg|polnische Truppen]] Lostbomben zur Sprengung einer Brücke und zur Verminung einer Straßensperre in der Nähe von [[Jaslo]]. Dabei wurden am 8.&nbsp;September 1939 zwei deutsche Soldaten getötet und zwölf verwundet.<ref name="Gellermann1">[[Günther W. Gellermann]]: ''Der Krieg, der nicht stattfand.'' Bernard & Graefe, Koblenz 1986, ISBN 3-7637-5804-6, S.&nbsp;135–137 sowie Anhang S.&nbsp;227–232.</ref>
* Am 11.&nbsp;September 1939 wurden drei deutsche Soldaten bei Ostrowiec (Polen) durch Gas verletzt, als sie einen auffälligen Behälter öffneten.
* Am 2.&nbsp;Dezember 1943 [[Luftangriff auf Bari|bombardierte]] die deutsche [[Luftwaffe (Wehrmacht)|Luftwaffe]] den italienischen Hafen von [[Bari]]. Dabei wurde der unter anderem mit 100&nbsp;t [[Stickstoff-Lost]] beladene US-Frachter ''John Harvey'' getroffen und versenkt. Ein Teil der Ladung lief ins Wasser, ein anderer Teil wurde durch die Explosionen und die Brände in der Luft verteilt. Da auf Grund der Geheimhaltung nur wenige Personen in Bari von der Existenz dieser Ladung wussten und diese allesamt durch das Gas getötet wurden, konnten die Verwundeten zunächst nicht richtig behandelt werden. Genaue Zahlen über die Opfer existieren nicht; es wird geschätzt, dass über 600 Soldaten und Angehörige der Handelsmarine verätzt wurden, wovon etwa 100 starben. Die Zahl der getöteten Zivilisten dürfte um die 1.000 betragen. Dieser Vorfall hätte beinahe eine weitere Eskalation des Krieges ausgelöst. Eine im Hafenbecken gefundene Gasbombe wurde aber noch rechtzeitig als amerikanisches Modell identifiziert, so dass Vergeltungsschläge mit Giftgas gegen die deutschen Truppen unterblieben.<ref>Günther W. Gellermann: ''Der Krieg, der nicht stattfand.'' Bernard & Graefe, Koblenz 1986, ISBN 3-7637-5804-6, S.&nbsp;160–165. [[Robert Harris]], Jeremy Paxman: ''Der lautlose Tod – Die Geschichte der biologischen und chemischen Waffen.'' Heyne, 2002, S.&nbsp;191–197.</ref>
* Am 8.&nbsp;April 1945 griffen amerikanische Jagdbomber den Bahnhof [[Lossa (Finne)|Lossa]] (zwischen [[Sömmerda]] und [[Naumburg (Saale)|Naumburg]]) an. Dabei wurden einige mit [[Tabun]] gefüllte Bomben beschädigt, die im Rahmen der Verlagerung eines Luftwaffen-Munitionslagers während ihres Transportes dort standen. Genaue Verluste sind nicht bekannt geworden.

Im [[NS-Staat|nationalsozialistischen Deutschen Reich]] wurde im Dezember 1936 bei [[I.G. Farben]] im Werk [[Leverkusen]] durch den Chemiker [[Gerhard Schrader (Chemiker)|Gerhard Schrader]] der [[Nervengift#Nervenkampfstoffe|Nervenkampfstoff]] Tabun entdeckt. Im Dezember 1939 [[Synthese (Chemie)|synthetisierte]] er den in seiner Wirkung noch stärkeren Giftstoff [[Sarin]]. Ab Frühjahr 1942 produzierte I.G. Farben in ihrem Werk in [[Brzeg Dolny|Dyhernfurth]] in [[Schlesien]] Tabun. 1944 entdeckte der [[Nobelpreis]]träger [[Richard Kuhn]] mit seinem Mitarbeiter, [[Konrad Henkel]], den Kampfstoff [[Soman]] in einer vom [[Heereswaffenamt]] unterhaltenen Abteilung des [[Max-Planck-Institut für medizinische Forschung|Kaiser-Wilhelm-Instituts für medizinische Forschung]] in [[Heidelberg]]. Diese Nervengifte wurden aufgrund der Furcht vor einem Gegenschlag nicht eingesetzt. Da sie in gasförmiger Zubereitung – oft als [[Aerosol]] – eingesetzt werden sollten, werden diese Stoffe auch als ''Nervengase'' bezeichnet.<ref name="roempp_NKS">{{RömppOnline|ID=RD-14-00846|Name=Nervenkampfstoffe|Abruf=2016-10-18}}</ref>

Deutschland hatte Ende der dreißiger Jahre als erste Nation die großtechnische ([[industrie]]lle) Produktion von Nervenkampfstoffen entwickelt, war also als einzige Kriegspartei zur Herstellung von Nervenkampfstoffen im Kilogramm- und Tonnenbereich in der Lage. Dieser Umstand, gekoppelt mit der Verfügbarkeit modernster Trägersysteme wie der [[A4 (Rakete)|V-2]], hätte die politische Führung in die Lage versetzt, einen strategischen Gaskrieg zu entfesseln, der unter Umständen von der Tragweite her ähnlich gravierend hätte sein können wie die [[Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki]]. Die verantwortliche Führung des deutschen Kampfgasentwicklungsprogramms verheimlichte [[Adolf Hitler|Hitler]] gegenüber bewusst die tatsächlichen Möglichkeiten, denn eine Eskalation zum Gaskrieg wurde befürchtet, falls Hitler klar werden sollte, welche Wirkung beispielsweise ein mit Tabungefechtsköpfen bestückter [[Aggregat 4|V-2]]-Angriff auf [[London]] hätte haben können. Für den taktischen Einsatz waren bereits als Träger Werferwaffen (sog. [[Nebelwerfer]]) hergestellt und die entsprechenden Truppen ([[Nebeltruppe]]) geschult worden. Die oft geäußerte Vermutung, dass die Erfahrungen Hitlers im Ersten Weltkrieg ihn davon abgehalten haben sollen, chemische Kampfstoffe einsetzen zu lassen, entbehrt jeder Grundlage, da er selbst die Produktion dieser befahl und die Vorbereitungen für den Beginn eines Gaskrieges anordnete.<ref>Hubatsch (Hrsg.): ''Kriegstagebuch des OKW (Bd.&nbsp;III.I)''. 1963, S.&nbsp;112.</ref> Die Gründe dafür, dass die ab 1942 in großem Umfang produzierten Nervenkampfstoffe nicht zum Einsatz kamen, waren größtenteils logistischer (Rohstoffknappheit) und militärstrategischer Art. Ebenfalls von Bedeutung waren sowohl die deutsche Fehleinschätzung, die Alliierten würden ebenfalls über Nervenkampfstoffe verfügen, als auch die alliierte Androhung massiver Gegenschläge im Falle eines deutschen Ersteinsatzes chemischer Kampfstoffe.<ref>Florian Schmaltz: ''Kampfstoff-Forschung im Nationalsozialismus: zur Kooperation von Kaiser-Wilhelm-Instituten, Militär und Industrie.'' Wallstein, Göttingen 2005, S.&nbsp;30 f.</ref> In einer Besprechung am 15. Mai 1943 im [[Führerhauptquartier]] hatte der Chemiker [[Otto Ambros (Chemiker)|Otto Ambros]] erklärt, dass Tabun seit 1902 in der Literatur behandelt werde und Sarin sogar patentiert sei, und die Substanzen in den Patentschriften stünden. Daher sei er überzeugt, dass andere Länder diese Gase nicht nur rasch nachmachen können, sondern auch in weitaus größeren Mengen produzieren können.<ref>''Trials of War Criminals. The I.G. Farben Case''. Band 7, S. 1044. Zit. n. [[Olaf Groehler]]: ''Der lautlose Tod''. Berlin 1984, S. 254.</ref>

In den [[Gaskammer (Massenmord)|Gaskammern]] der deutschen [[Vernichtungslager]] [[KZ Auschwitz-Birkenau|Auschwitz-Birkenau]], [[Vernichtungslager Belzec|Belzec]], [[Vernichtungslager Sobibor|Sobibor]], [[KZ Mauthausen|Mauthausen]], [[Vernichtungslager Treblinka|Treblinka]] und [[KZ Majdanek|Lublin-Majdanek]] wurden viele Opfer des [[Holocaust]] mit dem [[Cyanwasserstoff|blausäurehaltigen]] Insektizid [[Zyklon B]] und in Gaswagen mit Motorabgasen ([[Kohlenstoffmonoxid]]) ermordet.<ref>[http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-46407284.html Prozesse : Gaswagen : Der Nerven wegen] spiegel.de, Der Spiegel, 21/1966, 16. Mai 1966, S. 60, Text und PDF.</ref>

=== Nach 1945 ===
[[Datei:Agent Orange Cropdusting.jpg|mini|Ausbringen von Entlaubungsmitteln im Zuge der [[Operation Ranch Hand]] durch drei [[Fairchild C-123|UC-123B]] während des [[Vietnamkrieg]]es]]

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden umfangreiche deutsche Bestände – zwischen 30.000 und 40.000 Tonnen chemischer Waffen<ref name="kaffka">Alexander&nbsp;V. Kaffka und [[North Atlantic Treaty Organization]], Scientific Affairs Division: ''Sea Dumped Chemical Weapons: Aspects, Problems, and Solutions.'' ({{Google Buch |BuchID=TGJ5qp7QrgMC |Seite=35 |Hervorhebung=Operation+Davy+Jones+Locker}}), [[Springer Science+Business Media|Springer]], 1996, ISBN 0-7923-4090-6, S.&nbsp;31–38.</ref> – in der [[Nordsee|Nord-]] und [[Ostsee]] in der von US-amerikanischen Streitkräften geleiteten [[Operation Davy Jones’ Locker]] mitsamt ihren Transportschiffen versenkt, so vor der [[Norwegen|norwegischen]] Hafenstadt [[Arendal]] 1946. Die Versenkung der Schiffe erfolgte durch Sprengung oder Beschuss durch Bordwaffen begleitender britischer Kriegsschiffe. 1955/56 wurden Restbestände, die von der [[Royal Air Force]] gebunkert worden waren, in der [[Operation Sandcastle]] nordwestlich von [[Irland]] im [[Atlantik]] versenkt, so auch die [[Canstatt (Schiff, 1913)|SS Kotka]]. Von 1944 bis 1970 wurden von Seiten der [[United States Army]] in 26 so genannten Versenkungszonen (''dump zones'') an der Ostküste der USA chemische Kampfstoffe versenkt, von denen aufgrund mangelnder oder unzureichender Dokumentation unklar ist, wo sie sich exakt befinden und welche Chemikalien in welcher Menge dort lagern.

Gesichert ist, dass [[Ägypten]] chemische Waffen im [[Jemen]] eingesetzt hat. Die Technologie dazu stammte aus der Sowjetunion, welche diese auch an andere mit ihr verbündete Staaten des Nahen Ostens – wie dem [[Irak]] – weitergegeben hatte.

Während anfangs von [[Frankreich]] und den [[Vereinigte Staaten|USA]] noch konventionelle Brandbomben wie [[Napalm]] gegen die [[Nordvietnam]]esen und die [[Nationale Front für die Befreiung Südvietnams|FNL]] verwendet wurden, startete die Regierung [[John F. Kennedy|Kennedy]] 1961 den systematischen Einsatz von Chemikalien gegen Nordvietnam. Die im Zuge der [[Operation Ranch Hand]] als [[Entlaubungsmittel]] eingesetzten [[Herbizid]]e (vor allem [[Agent Orange]]) sollten dem Gegner die [[Deckung (Schutz)|Deckung]] durch die Vegetation nehmen sowie seine Ernte vernichten. Agent Orange war mit [[2,3,7,8-Tetrachlordibenzodioxin]] verunreinigt und verursachte dadurch schwere gesundheitliche Schäden unter der Bevölkerung und den Soldaten beider Seiten.

Erste Verhandlungen zu einem [[Chemiewaffenübereinkommen]] (''CWÜ'', auch ''Chemiewaffenkonvention'' genannt) begannen 1968 mit der ''Working Group on Chemical Weapons'' bei der ''Eighteen Nations Conference on Disarmament (ENCD)'' der UN in Genf, die seit 1962 bestand.<!-- Kirstein S. 31 --> 1969 nahm eine ''Conference of the Committee on Disarmament of the UN (CCD)'' ihre Tätigkeit auf. Der angebliche Einsatz von Sarin gegen eigene Kräfte ([[Fahnenflucht|Deserteure]]) in der ''[[Operation Tailwind]]'' im September 1970 in [[Laos]] entpuppte sich als politisch motivierte [[Falschmeldung]]. 1975 gab es 30 Teilnehmerstaaten für ein CWÜ; darunter waren auch die Bundesrepublik und die [[Deutsche Demokratische Republik|DDR]]. 1976 fanden bilaterale Verhandlungen von USA und UdSSR statt. Die Verhandlungen wurden im selben Jahr unterbrochen. Erst 1979 einigten sich die USA und UdSSR weitgehend über die Grundstruktur des Vertrags und weitgehend auch über Verifikationsmaßnahmen; ungelöst blieb aber die Frage von Ad-hoc-Verdachtskontrollen vor Ort. 1979 gab es ein ''Committee on Disarmament of the United Nations'' (CD); es hatte 40 Teilnehmerstaaten.<ref name="k2">Wolfgang Kirstein: {{Webarchiv|url= http://www.znf.uni-hamburg.de/Folien2504.pdf | wayback= 20140410023558| text=''Chemiewaffen und Chemiewaffenübereinkommen.''}} (PDF, 10,4&nbsp;MB), undatiert (offenbar 2007), S.&nbsp;32.</ref> 1980 bildete sich ein ''Ad Hoc Committee on Chemical Weapons''.<ref name="k2" />

1981 beschuldigte der US-amerikanische [[Außenminister der Vereinigten Staaten|Außenminister]] [[Alexander Haig]] die [[UdSSR]] und die von ihr unterstützte [[Vietnamesische Volksarmee]], im [[Laotischer Bürgerkrieg|Zweiten Laotischen Bürgerkrieg]] (1963–73) [[Gelber Regen|Mykotoxine]] eingesetzt zu haben, um Tausende von [[Hmong]] zu töten.<ref>{{Der Spiegel|ID=14335605|Titel=Gelber Regen|Jahr=1982|Nr=2|Seiten=}}</ref> Diese Vorwürfe konnten nicht bewiesen werden.<ref>{{Literatur |Autor=Philip M. Boffey |Titel=Declassified Cables Add to Doubts About U.S. Disclosures on 'Yellow Rain' |Sammelwerk=[[New York Times]] |Datum=1987-08-31 |Online=http://www.nytimes.com/1987/08/31/us/washington-talk-chemical-warfare-declassified-cables-add-doubts-about-us.html |Abruf=2014-11-26}}</ref>

Ende der 1980er Jahre erkannte das US-Militär, dass die bisherigen, lange gelagerten Chemiewaffen bis spätestens 1990 zum Großteil [[Zersetzung (Chemie)|zersetzt]] und damit militärisch unbrauchbar sein würden; daher unterschrieb Präsident Ronald Reagan 1987 ein Gesetz, um die alten chemischen Kampfstoffe zu zerstören und gegen neue, [[Binärer Kampfstoff|binäre Kampfstoffe]] zu ersetzen.<ref name="bartels">Wolfgang Bartels: ''{{Webarchiv|url=http://www.wissenschaft-und-frieden.de/seite.php?artikelID=0831 |wayback=20130719102732 |text=Altes und neues Giftgas in der Bundesrepublik. }}'' In: ''[[Wissenschaft und Frieden]].'' 1989-4: Die 90er Jahre: Neue Horizonte.</ref> Bei diesen wird nicht der endgültige und wirksame chemische Kampfstoff bereitgehalten, sondern verschiedene, stabilere und weniger korrosive Komponenten, die beim Einsatz der binären Waffen dann erst zum Wirkstoff reagieren.

{{siehe auch|Aktion Lindwurm}}

=== Chemiewaffenübereinkommen (1992/1997) ===
{{Hauptartikel|Chemiewaffenkonvention}}

Nach dem Ende des Kalten Krieges um 1990 änderte sich die [[Strategie (Militär)|geostrategische]] Lage deutlich. Es kam zu zahlreichen Abrüstungsverhandlungen zwischen westlichen Staaten und Nachfolgestaaten der Sowjetunion. Chemische Waffen (oft lagerten sie in inzwischen rostigen Tanks) galten vielen inzwischen als Altlast.

Schon Ende der 1980er Jahre verkündete der sowjetische Präsident [[Michail Sergejewitsch Gorbatschow|Michail Gorbatschow]] auf Chemiewaffen künftig zu verzichten und diese vernichten zu wollen und lud 1987 internationale Beobachter in bis dahin geheime Chemiewaffenlabore ein.<ref>[https://www.sueddeutsche.de/politik/moskaus-chemiewaffen-luegen-gift-und-ueberlaeufer-1.3982054 Georg Mascolo, Holger Stark, Moskauer Chemiewaffen: Lügen, Gift und Überläufer], Süddeutsche Zeitung, 17. Mai 2018.</ref> Schon 1990 kam es zu einem bilateralen Abkommen mit den USA ([[Chemiewaffenabkommen]]) über die Vernichtung von Chemiewaffen.

Am 3. September 1992 wurde das CWÜ von den Mitgliedstaaten der Genfer Abrüstungskonferenz ([[UNCD]]) verabschiedet.
Seit 13. Januar 1993 kann es unterzeichnet werden.<ref>{{Webarchiv|url=http://www.ausfuhrkontrolle.info/ausfuhrkontrolle/de/cwue/ |wayback=20130830202750 |text=www.ausfuhrkontrolle.info (BAFA) }}</ref> Eine Unterzeichnung erfolgte durch etwa 150 Staaten, darunter USA und Russland.<ref name="k2" />

Deutschland hat die Konvention 1994 ratifiziert, Österreich und die Schweiz 1995.

Am 29. April 1997 trat das Chemiewaffenübereinkommen in Kraft. 1997 erfolgte die Ratifizierung auch durch die USA und Russland.<ref name="k2" /> Die ratifizierenden Staaten haben sich durch das CWÜ unter anderem dazu verpflichtet, bis zum Jahr 2012 sämtliche Chemiewaffen unter internationaler Aufsicht zu vernichten.

Stand Juni 2018 sind 193 Staaten der Konvention beigetreten.
Als jüngstes Ratifizierungsland ist [[Staat Palästina|Palästina]] der Konvention am 16. Juni 2018 beigetreten.<ref>[http://www.opcw.org/about-opcw/member-states/ Liste der Mitglieds-Staaten der OPCW], abgerufen am 25. September 2018.</ref> Im Januar 1993 unterzeichnet, aber bis heute noch nicht ratifiziert wurde der Vertrag von [[Israel]] und [[Myanmar]]. Vier Staaten haben die Konvention bisher weder unterzeichnet noch ratifiziert: [[Ägypten]], [[Angola]], [[Nordkorea]] und [[Südsudan]].<ref>[http://www.opcw.org/about-opcw/non-member-states/ Liste der Nicht-Mitglieds-Staaten der OPCW].</ref> Die Einhaltung des Abkommens wird durch die [[Organisation für das Verbot chemischer Waffen]], OVCW (englisch Organisation for the Prohibition of Chemical Weapons, OPCW) überwacht. Die OVCW ist eine internationale Organisation mit Sitz in [[Den Haag]].<ref>[http://www.opcw.org/ opcw.org] – eine internationale Organisation.</ref>

=== Erster Golfkrieg ===
[[Datei:Chemical weapon1.jpg|mini|Iranischer Soldat mit Gasmaske]]

Schon zu Beginn des [[Erster Golfkrieg|Ersten Golfkriegs]] setzte die irakische Armee auf Weisung [[Saddam Hussein]]s chemische Waffen gegen den [[Iran]] ein. So warf die irakische Luftwaffe bereits 1980 speziell dafür entwickelte Kanister mit chemischen Kampfstoffen über iranischen Stellungen ab.<ref>Botschaft d. Islamischen Republik Iran, Presse- u. Kulturabteilung (Hrsg.): ''Iran und die Islamische Republik: Zum Irakisch-Iranischen Krieg''. Bonn 1981, S.&nbsp;41.</ref> Bekanntheit erlangte der Giftgasangriff auf die Fernverkehrsstraße am 9.&nbsp;August 1983 Rawanduz–[[Piranschahr]].<ref name="Fuertig">[[Henner Fürtig]]: ''Der irakisch-iranische Krieg''. Akademie Verlag, 1992, ISBN 3-05-001905-0, S.&nbsp;81.</ref>

Insgesamt wurden etwa 100.000 iranische Soldaten Opfer von Gasangriffen. Viele davon wurden durch Senfgas, das von einer mit deutscher Unterstützung gebauten [[Insektizid]]-Fabrik in [[Samarra]] in größerem Maße ab 1983 hergestellt wurde,<ref>Christopher de Bellaigue: ''Im Rosengarten der Märtyrer. Ein Porträt des Iran.'' Aus dem Englischen von Sigrid Langhaeuser. Verlag C.H. Beck, München 2006 (engl. Originalausgabe: London 2004), S.&nbsp;219 f.</ref> verwundet. Etwa 20.000 davon wurden während des Einsatzes sofort hauptsächlich durch die Nervenkampfstoffe [[Tabun]] und [[VX]] getötet. Diese Zahlen schließen allerdings keine Zivilisten ein. Da Giftgas während der Kämpfe auch auf Stellungen und Posten abgeworfen wurde, die sich in oder um Dörfer befanden und deren Einwohner keine Möglichkeit hatten, sich gegen die Gase zu schützen, gab es auch unter der Zivilbevölkerung sehr viele Opfer. Außerdem wurden durch den Einsatz verschiedener Gase Gebiete mit gefährlichen chemischen Schadstoffen kontaminiert.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.nj.com/specialprojects/index.ssf?/specialprojects/mideaststories/me1209.html |titel=In Iran, grim reminders of Saddam’s arsenal |datum=2002-10-27 |autor=Farnaz Fassihi |werk=New Jersey Star Ledger |zugriff=2010-12-17 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20071213061050/http://www.nj.com/specialprojects/index.ssf?%2Fspecialprojects%2Fmideaststories%2Fme1209.html |archiv-datum=2007-12-13 }}</ref><!--<ref>{{cite web
|url=http://www.thestar.co.za/index.php?fArticleId=39470
|title=It’s like a knife stabbing into me
|first=Paul |last=Hughes
|journal=The Star (South Africa)
|unused_data=January 21, 2003
|accessdate=2010-12-17}}</ref>--><ref>Elaine Sciolino: {{Webarchiv|url= http://www.commondreams.org/headlines03/0213-05.htm | wayback= 20030414180655| text=''Iraq Chemical Arms Condemned, but West Once Looked the Other Way.''}} In: ''New York Times.'' 13. Februar 2003.</ref>

Der Irak setzte chemische Waffen auch gezielt ein, um Zivilisten zu töten. Tausende wurden bei Giftgasangriffen auf Dörfer, Städte und Frontkrankenhäuser getötet, so auch beim [[Giftgasangriff auf Sardasht]] vom 28. Juni 1987. Bekanntestes Beispiel ist der [[Giftgasangriff auf Halabdscha]] am 16.&nbsp;März 1988, bei dem etwa 5.000 irakische [[Kurden]] getötet und 7.000 bis 10.000 so schwer verletzt wurden, dass viele von ihnen später starben. Die irakischen Streitkräfte setzten mehrere verschiedene Gase gleichzeitig ein. Dazu gehören Nervenkampfstoffe wie [[Tabun]], [[Sarin]] und möglicherweise [[VX]], aber auch [[Senfgas]] und ein Cyanidkampfstoff.<ref>[http://www.dlawer.net/?q=node/79 ''Death Clouds: Saddam Hussein’s Chemical War Against the Kurds.'']</ref>

Im Rahmen der Vorbereitung auf den Ersten und Zweiten Irakkrieg kam es zu Auseinandersetzungen zwischen den USA und Deutschland über die Herkunft der irakischen Chemiewaffentechnologie.<!-- Belege? -->

=== Terrorismus ===
1995 kam es beim Terror-Anschlag der japanischen [[Ōmu Shinrikyō|Aum-Sekte]] zur Freisetzung des Nervengifts Sarin in der [[U-Bahn Tokio|U-Bahn von Tokyo]]. Es gab 13 Tote und 6.252 Verletzte. Ein früherer Anschlag der Sekte mit 7 Toten und 500 Verletzten wurde erst im Nachhinein bekannt.

Im Oktober 2002 verwendeten russische Sicherheitskräfte in [[Moskau]] vermutlich das [[Opioid]] [[Carfentanyl]] und das [[Anästhetikum]] [[Halothan]] in Form eines Aerosol-Gas-Gemischs, um [[Terrorist]]en kampfunfähig zu machen, die während der [[Geiselnahme im Moskauer Dubrowka-Theater]] 800 Menschen gefangen hielten. Alle Geiselnehmer und über 129 Geiseln kamen ums Leben, die meisten aufgrund des Gases. Viele erlagen im Krankenhaus ihren Vergiftungen, wozu möglicherweise auch die fehlende Zusammenarbeit der Sicherheitskräfte mit den Ärzten beigetragen hat. Der Einsatz von Carfentanyl wurde offiziell nie bestätigt, möglicherweise im Hinblick auf die von [[Russland]] ratifizierte Chemiewaffenkonvention.

Während des [[Irakkrieg]]es setzte eine Terrororganisation, bei der es sich Berichten zufolge um die [[al-Qaida]] handelte,<ref>{{Internetquelle |url=http://www.mnf-iraq.com/index.php?option=com_content&task=view&id=11530&Itemid=128 |titel=Chlorine Tanks Destroyed, Terrorists Killed in Raids |datum=2007-04-20 |hrsg=Multi-National Force Iraq, Combined Press Information Center |kommentar=Press Release A070420a |zugriff=2010-12-17 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20090807182521/http://www.mnf-iraq.com/index.php?option=com_content&task=view&id=11530&Itemid=128 |archiv-datum=2009-08-07 |offline=ja }}</ref><ref>{{Internetquelle |url=http://www.mnf-iraq.com/index.php?option=com_content&task=view&id=11185&Itemid=128 |kommentar=Press Release 20070406-34 |datum=2007-04-06 |hrsg=Multi-National Force Iraq, Combined Press Information Center |titel=Suicide Vehicle Detonates outside Police Checkpoint |zugriff=2010-12-17 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20090912161746/http://www.mnf-iraq.com/index.php?option=com_content&task=view&id=11185&Itemid=128 |archiv-datum=2009-09-12 |offline=ja }}</ref> chemische Waffen hauptsächlich gegen Zivilisten ein, aber auch gegen US-Soldaten und irakische Soldaten und Polizisten. Bei dem eingesetzten Gas handelte es sich um [[Chlorgas]]. Da die Anschläge alle unter freiem Himmel durchgeführt wurden, war die Zahl der Todesopfer meistens gering, die Zahl der Verletzten betrug jedoch oft mehrere hundert. Zu den am meisten wahrgenommenen Giftgasanschlägen im Irak zählen der Anschlag auf eine Polizeiwache am 6.&nbsp;April 2007 mit 27 Toten<ref>[http://abcnews.go.com/International/wireStory?id=3016594 ''Suicide Chlorine Bombing Kills 27''.] ABC News.</ref> und der Anschlag auf einen Dorfmarkt in Abu Sayda am 15.&nbsp;Mai 2007 mit 45 Toten.<ref>{{Internetquelle |titel=Chlorine bomb blamed for up to 45 deaths in Iraqi Shia town |url=https://www.theguardian.com/world/2007/may/17/iraq.iraqtimeline |werk=[[The Guardian]] London |datum=2007-05-17 |zugriff=2008-01-23 |autor=Ian Black}}</ref>

=== Bürgerkrieg Syrien ===
Im Umland von [[Damaskus]] sind laut Chemiewaffeninspektoren der [[UNO]] in mehreren Dörfern Kampfmittel mit Sarin zum Einsatz gekommen. Der mögliche Einsatz von chemischen Waffen in drei weiteren Orten (Chan al-Asal und [[Scheich Maksud]] in der Provinz [[Aleppo]] sowie Sarakib, einer Kleinstadt nahe der Provinzhauptstadt Idlib,<ref>[http://orf.at/#/stories/2199788/ ''Syrische Rebellen sagen sich von Nationaler Koalition los''], ORF.at vom 25. September 2013.</ref>) soll untersucht werden.

Ein Untersuchungsbericht der [[Vereinte Nationen|Vereinten Nationen]] meldete im August 2016, man könne ''die Nutzung der weltweit geächteten Massenvernichtungswaffen in drei Fällen eindeutig belegen und zuordnen.'' In zwei Fällen habe die syrische Armee die Giftbomben abgeworfen, in einem Fall die Miliz [[Islamischer Staat (Organisation)|Islamischer Staat]] (IS). Diese Fälle waren der Einsatz von Chlorgas und eventuell anderer ''giftiger Substanzen'', die am 21. April 2014 und am 16. März 2015 in zwei Dörfern in der nordwestlichen Provinz [[Idlib]] aus Hubschraubern der syrischen Luftwaffe abgeworfen wurden. Die IS-Miliz verwendete am 21. August 2015 im Ort Marea nahe Aleppo [[Senfgas]].<ref>''[http://www.n-tv.de/politik/UN-Bericht-bestaetigt-Giftgaseinsaetze-in-Syrien-article18494396.html Angriffe von Assad-Regime und IS. UN-Bericht bestätigt Giftgaseinsätze in Syrien.]'' Meldung bei n-tv.de vom 25. August 2016.</ref>

{{siehe auch|Giftgasangriffe von Ghuta}}

=== Vernichtung (bis 2023) ===
Nachdem die USA von allen Mitgliedsstaaten der [[Organisation für das Verbot chemischer Waffen|Organisation für das Verbot von Chemiewaffen]] (OPCW) als Letzte ihre Bestände von Chemiewaffen bis zum Jahr 2023 vernichtet hatten, gab die OPCW bekannt, dass damit alle weltweit deklarierten chemischen Waffen irreversibel zerstört wurden. Vier Staaten, nämlich [[Nordkorea]], [[Ägypten]], [[Südsudan]] und [[Israel]], machen keine Angaben über ihre Bestände, da sie nicht Teil der [[Chemiewaffenkonvention|Konvention zum Verbot von Chemiewaffen]] sind.<ref name=":0" />

== Chemische Waffen ==
=== Chemische Kampfmittel ===
[[Datei:155mmMustardGasShells.jpg|mini|[[Kaliber 155 mm|155-mm]]-Senfgasgranaten der US-Armee]]

Als chemische Kampf''mittel'' bezeichnet man jede Art von Gegenständen (Munition, Schweltöpfe, aber auch im strengen Sinne z.&nbsp;B. einfache Flaschen), die es ermöglichen, einen chemischen Kampf''stoff'' zu transportieren. Sie lassen sich nach ihrem Angriffsgebiet am menschlichen Körper beziehungsweise ihrer Wirkung einordnen. Eine Grenzziehung zwischen den einzelnen Gruppen ist dabei aber nicht immer eindeutig möglich. Auch ist bei manchen dieser Gruppen bereits die bloße Zuordnung zu den chemischen Kampfstoffen umstritten. Detaillierte Übersichtsarbeiten wurden von V. Pitschmann und von K. Ganesan u.&nbsp;a. vorgelegt.<ref>Pitschmann V.: ''Overall view of chemical and biochemical weapons.'', Toxins (Basel). 2014 Jun 4;6(6):1761-84, Review, {{PMC|4073128}}, PMID 24902078</ref><ref>K. Ganesan, S. K. Raza, R. Vijayaraghavan: ''Chemical warfare agents'', J Pharm Bioallied Sci. 2010 Jul-Sep; 2(3): 166–178, {{PMC|3148621}}</ref>

Die chemischen Kampfmittel an sich werden in folgende Kategorien unterteilt:
* ''Chemische Kampfstoffe'' im klassischen Sinn: Lungenkampfstoffe, Blutkampfstoffe, Hautkampfstoffe, Nervenkampfstoffe, Psychokampfstoffe.
* ''[[Reizstoff]]e:'' Reizen die Augen oder die Atemwege. Ein Beispiel ist das [[2-Chlorbenzylidenmalonsäuredinitril|CS-Gas]], das von der Polizei und zur Selbstverteidigung eingesetzt wird. Reizstoffe unterscheiden sich von anderen Hautkampfstoffen durch ihre weniger starke Wirkung. In sehr hohen Dosen oder bei empfindlichen Personen (z.&nbsp;B. [[Asthma bronchiale|Asthmapatienten]]) können die so genannten „Tränengase“ ebenfalls zu Hautreizungen, [[Dyspnoe|Atemnot]] oder Augen- und Lungenschäden führen und in ausreichender Konzentration tödlich sein. Ein weiteres Beispiel sind sogenannte Maskenbrecher. Sie führen zu Übelkeit und sollten ihre Opfer dazu bringen, ihre Atemschutzmasken abzunehmen. Meist wurden diese Substanzen mit anderen chemischen Kampfstoffen in Kombination eingesetzt, um deren toxische Wirkung voll zum Einsatz zu bringen.
* ''[[Nebelkampfstoff]]e:'' Diese Stoffe erzeugen in der Luft dichte, undurchdringliche Nebelschwaden und sollen somit dem Gegner die Sicht nehmen. In diese Kategorie fallen z.&nbsp;B. [[Rauchgranate]]n.

=== Chemische Kampfstoffe ===
Die chemischen Kampfstoffe im klassischen Sinn können erneut in verschiedene '''Kampfstoffklassen''' unterteilt werden, je nach Art und Ort ihrer Wirkung:
* ''[[Lungenkampfstoff]]e:'' Greifen direkt die Lunge an. Dadurch wird die Sauerstoffzufuhr des Körpers unterbrochen, was zum Tode führt. Darunter fallen zum Beispiel Chlor, Phosgen, [[Diphosgen]] (Perstoff) und [[Chlorpikrin]].
* ''[[Blutkampfstoff]]e:'' Auch hier wird die Sauerstoffzufuhr des Körpers blockiert. Allerdings wird bei diesen Kampfstoffen die Zellatmung oder das Blut angegriffen, das den Sauerstoff zu den einzelnen Organen transportiert. Darunter fallen unter anderem Cyanwasserstoff, [[Arsenwasserstoff]] und [[Chlorcyan]].
[[Datei:Mustard gas burns.jpg|mini|Kanadischer Soldat mit Senfgas-Verbrennung während des Ersten Weltkrieges]]
* ''[[Hautkampfstoff]]e:'' Hier wird die Haut des Körpers angegriffen. Dies kann tödlich sein, wenn die angegriffene Hautfläche groß genug ist. Hautkampfstoffe werden dazu eingesetzt, den Gegner kampfunfähig zu machen und ihn dabei nicht unbedingt zu töten. Darunter fallen u.&nbsp;a. [[Stickstofflost]], [[Schwefellost]] ([[Senfgas]]), [[Lewisit]] und [[Nesselstoff|Phosgenoxim]].
* ''[[Nervengift#Nervenkampfstoffe|Nervenkampfstoffe]]:'' Hier wird ein Enzym des Nervensystems des Menschen blockiert ([[Acetylcholinesterase]]), so dass wichtige Teile des Körpers (z.&nbsp;B. Zwerchfell) durch Dauerkontraktion gelähmt werden. Außerdem werden starke Muskelkrämpfe ausgelöst. Darunter fallen [[Diisopropylfluorphosphat]] (DFP), [[Sarin]] (GB), [[Tabun]] (GA), [[Soman]] (GD), [[Cyclosarin]], [[VX]] und [[Nowitschok]].
* ''[[Antimetabolite]]'' sind Gifte, die den [[Zellstoffwechsel]] behindern und tödliche Wirkungen hervorrufen können. Insbesondere die [[Fluoressigsäure]] sowie ihre [[Salze]] und [[Ester]] kommen als chemische Kampfstoffe in Betracht. Im zivilen Bereich wird ihr [[Natriumfluoracetat|Natriumsalz]] in Form von Ködern zur Bekämpfung von Säugetieren eingesetzt.<ref>Ward JC, ''Rodent control with 1080, ANTU, and other war-developed toxic agents.'' In: ''Am J Public Health Nations Health'', 36/1946, S.&nbsp;1427–1431, {{PMC|1624511}}.</ref>
* ''[[Psychokampfstoff]]e:'' Hier wird die [[Psyche]] des Menschen angegriffen mit starken [[Rauschmittel]]n, um ihn vorübergehend kampfunfähig zu machen. Langzeitwirkungen und Spätfolgen sind jedoch nicht unerheblich. Darunter fallen u.&nbsp;a. [[Lysergsäurediethylamid]] (LSD) und [[3-Chinuclidinylbenzilat]] (BZ).
* ''[[Augenkampfstoff]]e:'' Zu dieser Gruppe werden alle chemischen Substanzen gezählt, die Reizungen oder Verletzungen der Augen hervorrufen. Die Stoffe sind meistens in hohen Dosen nicht tödlich. Beispiele sind unter anderem [[Benzylbromid]], [[Xylylbromid]] oder [[Chloraceton]].
* ''[[Nasen- und Rachenkampfstoff]]e'': Diese Kampfstoffe greifen die Schleimhäute der oberen Atemwege an. Dabei treten oft Reizungen der Haut und der Augen auf. Diese Stoffe sollen nicht töten, sondern den Gegner kampfunfähig machen und werden häufig mit anderen Kampfstoffen zusammen eingesetzt. Beispiele sind unter anderem [[Adamsit]], Clark I ([[Diphenylarsinchlorid]]) oder Clark II ([[Diphenylarsincyanid]]). ([[#Buntschießen|Buntschießen]])

Viele chemische Kampfstoffe werden bevorzugt als [[Binärer Kampfstoff|Binärkampfstoffe]] eingesetzt, etwa die Nervenkampfstoffe Sarin, Soman und VX. Dabei werden zwei oder mehr im Vergleich zum Endstoff relativ ungefährliche Substanzen voneinander getrennt in einem Geschoss gelagert. Der eigentliche Kampfstoff entsteht erst nach dem Abschuss meist durch einfaches Vermischen der Komponenten, teilweise unter Zuhilfenahme eines geeigneten Reaktionsbeschleunigers. Vorteile sind die relativ gefahrlose Lagerung und Handhabung, da die verwendeten Chemikalien meist weniger giftig sowie besser lagerfähig als die Kampfstoffe selbst sind, das heißt, es tritt keine oder nur geringe [[Zersetzung (Chemie)|Zersetzung]] der Chemikalien oder [[Korrosion]] der Geschosse auf.<ref name="roempp">{{RömppOnline|ID=RD-02-01331|Name=binäre Kampfstoffe|Abruf=2013-09-09}}</ref>

== Modernes Einsatzkonzept ==
Der Einsatz von chemischen Waffen erfolgt in der Regel massiv und überraschend um möglichen Schutzmaßnahmen zuvorzukommen.<ref name="dtig-abc18">L. Huber, J. Bailey, A. Ochsenbein: ''ABC-Waffen: Einsatz und Schutz auf einem europäischen Gefechtsfeld''. 1995. S. 18.</ref> Ein Einsatz ist lohnend, wenn mit minimalem Aufwand große Verluste erzielt werden können, wenn der Einsatz [[Operation (Militär)|militärische Operationen]] erleichtert oder beschleunigt und wenn mangelnde Ausbildung und Schutzausrüstung einen Einsatz wirkungsvoll machen.<ref name="dtig-abc16">L. Huber, J. Bailey, A. Ochsenbein: ''ABC-Waffen: Einsatz und Schutz auf einem europäischen Gefechtsfeld''. 1995. S. 16.</ref> So ist auch ein Einsatz als [[Terror]]waffe gegen zivile [[Infrastruktur]] denkbar. Der Einsatz von chemischen Waffen soll im Zielgebiet Verluste von mindestens 30–50 % verursachen, kritische Funktionen verlangsamen oder verunmöglichen und/oder die Nutzung von [[Gelände]] und Einrichtungen wie Flughäfen oder Seehäfen als verkehrstechnische Einrichtungen längerfristig unmöglich machen, ohne diese wie bei atomaren Einsatzmitteln zu zerstören. Eine Entgiftung ist aufwendig und zeitintensiv.<ref name="dtig-abc16"/>

Im Gegensatz zu den frühen Kampfstoffen, die gasförmig waren, werden heute überwiegend flüssige Kampfstoffe (selten auch Feststoffe) verwendet. Diese werden als [[Aerosol]] eingesetzt. Man unterscheidet hierbei nach der Tropfengröße zwischen den zwei Einsatzarten flüchtig und sesshaft, je nach gewünschter Dauer der Sperrung von Gelände oder Einrichtungen.<ref name="dtig-abc20">L. Huber, J. Bailey, A. Ochsenbein: ''ABC-Waffen: Einsatz und Schutz auf einem europäischen Gefechtsfeld''. 1995. S. 20.</ref>

=== Einsatz flüchtig ===
Beim flüchtigen Einsatz werden sehr kleine [[Tropfen]] verwendet, die größtenteils augenblicklich verdampfen, so dass sehr schnell eine hohe Konzentration des Kampfstoffes wirksam werden kann (50 % als Dampf und 50 % als Feinaerosol).<ref name="dtig-abc20"/> Dabei besteht die Gefahr der Kampfstoffausbreitung in der [[Windrichtung]]. Generell wird der flüchtige Einsatz zur Unterstützung von militärischen Operationen eingesetzt, was aber einen Einsatz gegen die Zivilbevölkerung nicht ausschließt. Die Belegungsdichte wird so gewählt, dass ein [[Atmung|Atemzug]] in den meisten Fällen tödliche Mengen des Kampfstoffes enthält. Durch die rasche [[Verdampfen|Verdampfung]] sollte das Gebiet nach maximal vier Stunden wieder ohne Schutzausrüstung passierbar sein. Ziel des Angriffes ist es, den Gegner im angegriffenen Gebiet stark zu schwächen, um das Durchbrechen [[Kriegsfront|feindlicher Linien]] zu erleichtern, jedoch ohne die eigenen Truppen durch Schutzanzüge zu behindern. Am besten für einen flüchtigen Einsatz geeignet sind die Kampfstoffe Sarin, Soman und Tabun (zusammengefasst unter dem Begriff [[Trilone (Nervenkampfstoff)|G-Stoffe oder Trilone]]) sowie [[Cyanwasserstoff|Blausäure]].<ref name="dtig-abc20"/> Letztere stellt eine Ausnahme dar, da sie äußerst leichtflüchtig und schon nach wenigen Minuten nicht mehr nachzuweisen ist (maximal 15&nbsp;Minuten); man spricht hierbei von einem ''superflüchtigen Kampfstoff''. Allerdings erfordert Blausäure einen sehr großen [[Munition]]saufwand, um die nötige Kampfstoffkonzentration im Zielgebiet zu erreichen. Wahrscheinlichste Einsatzmittel für den flüchtigen Einsatz sind Mehrfachraketenwerfer, Fliegerbomben und Streubomben, da diese eine sehr hohe Belegungsdichte ermöglichen.

=== Einsatz sesshaft ===
Beim sesshaften Einsatz werden vergleichsweise große Tropfen (0,1&nbsp;mm bis 1&nbsp;mm Durchmesser) eingesetzt.<ref name="dtig-abc20"/> Aufgrund der Größe fallen die Tropfen schneller, die Dampfkonzentration ist wesentlich geringer (20 % Dampf, 80 % Tropfen), und ein Großteil des Kampfstoffes erreicht den Boden, wo er je nach Art des Kampfstoffes und der Witterung bis zu mehreren Wochen verbleiben kann.<ref name="dtig-abc20"/> Ziel des Angriffes ist nicht die unmittelbare Vernichtung des Feindes, sondern die Einschränkung seiner Handlungsfreiheit. Schutz- und Dekontaminationsmaßnahmen kosten Zeit, kontaminiertes Gebiet ist nur mühsam zu durchqueren, und die Moral der Truppe leidet erheblich. Des Weiteren müssen kontaminierte Truppenteile evakuiert und ersetzt werden, bevor die Schutzanzüge gesättigt sind (normalerweise nach spätestens 12&nbsp;Stunden). Die wahrscheinlichsten Ziele sind gegnerische Flankenstellungen (um deren Gegenangriff zu erschweren oder zu verhindern), Artilleriestellungen (Ausschalten der Feuerunterstützung), Kommandostände, taktische Reserven und Nachschubwege. Am besten für diese Einsatzart geeignet sind [[Loste]] (Senfgas/Yperit) und V-Stoffe (namentlich VX).<ref name="dtig-abc20"/> Die möglichen Einsatzmittel sind vielfältig, da nicht auf die Belegungsdichte geachtet werden muss (Artillerie, Bomben, Kampfflugzeuge, Raketen, [[Marschflugkörper]] etc.). Eine Sonderform des sesshaften Einsatzes ist der Einsatz verdickter Kampfstoffe: Dem Kampfstoff werden hierbei Verdickungsmittel beigemischt, um dessen [[Viskosität]] und damit die Tropfengröße weiter zu erhöhen. Die Kampfstoffe erhalten dadurch eine honig- bis gummiartige [[Festigkeit|Konsistenz]].<ref name="dtig-abc21">L. Huber, J. Bailey, A. Ochsenbein: ''ABC-Waffen: Einsatz und Schutz auf einem europäischen Gefechtsfeld''. 1995. S. 21.</ref> Dies führt wiederum zu einer geringeren Verdunstungsrate und damit größerer Sesshaftigkeit. Solche Kampfstoffe haben eine große Haftwirkung und können nur langsam in [[Porosität|poröse]] Materialien eindringen.<ref name="dtig-abc21"/> An geeigneten Stellen können verdickte Kampfstoffe wochenlang wirksam bleiben. Des Weiteren wird die Dekontamination stark erschwert.<ref name="dtig-abc21"/> Hauptziele sind z.&nbsp;B. Flugplätze, um deren Benutzung langfristig zu unterbinden.

=== Einsatzmittel ===
Obwohl die Vereinigten Staaten sowie [[Russland]] ihre Bestände an chemischen Waffen vernichtet haben sollen, sind die Technologien zum Ausbringen von Kampfstoffen weltweit bekannt und zum Teil auch verfügbar.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.defense.gov/News/Releases/Release/Article/3451920/us-completes-chemical-weapons-stockpile-destruction-operations/https%3A%2F%2Fwww.defense.gov%2FNews%2FReleases%2FRelease%2FArticle%2F3451920%2Fus-completes-chemical-weapons-stockpile-destruction-operations%2F |titel=US Completes Chemical Weapons Stockpile Destruction Operations |sprache=en-US |abruf=2023-07-08}}</ref><ref name="dtig-abc16"/> Für chemische Kampfstoffe sind keine besondere Einsatzmittel nötig; es können Artilleriegeschütze, Raketenwerfer, ballistische Raketen, Lenkwaffen und Flugzeuge verwendet werden.<ref name="dtig-abc17">L. Huber, J. Bailey, A. Ochsenbein: ''ABC-Waffen: Einsatz und Schutz auf einem europäischen Gefechtsfeld''. 1995. S. 17.</ref> Das Abblasen von chemischen Kampfstoffen aus Druckflaschen wie im Ersten Weltkrieg gilt heute als obsolet.

==== Artilleriegeschütze ====
Seit dem Ersten Weltkrieg werden [[Mörser (Geschütz)|Mörser]] und [[Artillerie]]geschütze als Einsatzmittel für chemische Kampfstoffe verwendet.<ref name="dtig-abc18">L. Huber, J. Bailey, A. Ochsenbein: ''ABC-Waffen: Einsatz und Schutz auf einem europäischen Gefechtsfeld''. 1995. S. 18.</ref> Moderne Artilleriegeschütze erreichen bei einer [[Kadenz (Waffentechnik)|Kadenz]] von 3–6&nbsp;Schuss/Minute Schussdistanzen von 30–40&nbsp;km. Mit Artilleriegeschützen kann zudem ein rascher Zielwechsel mit einer hohen Treffergenauigkeit erfolgen.<ref name="dtig-abc18"/> Weiter können mit der Artillerie sowohl Einzel- wie auch Flächenziele bekämpft werden. In Abhängigkeit zum verwendeten [[Kaliber]] fasst ein Artilleriegeschoss 2–5&nbsp;kg Kampfstoff. So war z.&nbsp;B. das 155&nbsp;mm [[NATO]]-Geschoss ''M122'' mit 2,9&nbsp;kg Sarin befüllt.

==== Mehrfachraketenwerfer ====
[[Raketenwerfer|Mehrfachraketenwerfer]] eignen sich besonders gut als Einsatzmittel für chemische Kampfstoffe. Mit ihnen wird im Zielgebiet innerhalb kurzer Zeit eine sehr hohe Belegungsdichte mit einer hohen Kampfstoffkonzentration erzielt.<ref name="dtig-abc17"/> Moderne Mehrfachraketenwerfer erreichen bei einer Kadenz von 30–50&nbsp;Schuss/Minute Schussdistanzen von 20–70&nbsp;km. In Abhängigkeit zum verwendeten Kaliber fasst eine Artillerierakete 2–25&nbsp;kg Kampfstoff. So war z.&nbsp;B. der ''9N519''-Sprengkopf der 220&nbsp;mm Rakete ''9M27'' für den sowjetischen Mehrfachraketenwerfer [[BM-27|9P140 Uragan]] mit 20&nbsp;kg Soman befüllt.<ref name="ammo">{{Internetquelle |url= http://soviet-ammo.ucoz.ru/index/220_9n519/0-248|titel= 220-мм реактивный снаряд с химической головной частью 9Н519 |sprache=ru |hrsg=soviet-ammo.ucoz.ru |zugriff=2016-12-05}}</ref> Eine Batterie mit vier Uragan-Werfern deckt mit insgesamt 64 Raketen eine Zielfläche von 650&nbsp;×&nbsp;650&nbsp;m ein. Auf dieser Fläche werden so innerhalb von rund 20 Sekunden 1280&nbsp;kg Nervenkampfstoff freigesetzt.

==== Ballistische Raketen ====
[[Ballistische Rakete]]n eignen sich zur Bekämpfung von Zielen weit hinter der [[Kriegsfront|Frontlinie]] wie z.&nbsp;B. [[Flugplatz|Flugplätze]], [[Nachschub]]depots, [[Flugabwehrrakete|Flugabwehrstellungen]] sowie militärische und zivile Infrastruktur.<ref name="dtig-abc18"/> Solche Ziele werden mit Kurz- und [[Mittelstreckenrakete]]n mit einer Reichweite von 50–1000&nbsp;km bekämpft. Vorzugsweise erfolgt der Einsatz mit sesshaften Kampfstoffen, um die Zielgebiete für längere Zeit (Tage bis Wochen) zu verseuchen.<ref name="dtig-abc18"/> Um den chemischen Kampfstoff effektiv im Zielgebiet zu verteilen, erfolgt die Detonation des Raketengefechtskopfes in der Regel durch [[Abstandszünder|Luftzündung]] einige 100&nbsp;m über Zielgebiet.<ref name="dtig-abc18"/> So werden aus dem flüssigen Kampfstoff Tropfen und Aerosole gebildet, welche sich in Abhängigkeit von [[Windgeschwindigkeit]] und -richtung über dem Zielgebiet verteilten. Die sowjetische Kurzstreckenrakete [[R-17 (Rakete)|9K72 Elbrus]] ([[NATO-Codename]]: SS-1c Scud-B) konnte einen Gefechtskopf mit 555&nbsp;kg verdicktem VX über eine Distanz von 300&nbsp;km ins Ziel bringen; durch Luftzündung verteilte sich der flüssige Kampfstoff über ein Gebiet von 0,6&nbsp;×&nbsp;4,0&nbsp;km.<ref name="shikhany">{{Internetquelle |url= https://hansdevreij.com/2016/10/09/shikhany-1987/ | titel= Confernece of Disarmament – Information on the Presentation at the Shikhany Military Facility of Standard Chemical Munitions of the of the Union of Soviet Socialist Republics |autor= Hans de Vreij |hrsg= Hans de Vreij's blog |werk= hansdevreij.com |datum= 2016-10-09 |zugriff=2018-11-13 |sprache=en}}</ref>

Weiter eignen sich ballistische Raketen auch zur Beladung mit [[Streumunition]].<ref name="dtig-abc18"/> Zum Beispiel konnte die US-amerikanische Kurzstreckenrakete [[MGM-52 Lance]] mit dem ''E27''-Gefechtskopf für chemische Streumunition bestückt werden. Dieser Gefechtskopf fasste 1137 ''M139''-Bomblets mit je 0,58&nbsp;kg Sarin. Die Bomblets wurden in einer vorselektierten Höhe über dem Ziel ausgestoßen und gingen daraufhin in einem kreisförmigen Gebiet mit einem Radius von 200–250&nbsp;m nieder.

==== Kampfflugzeuge ====
Kampfflugzeuge eignen sich besonders für massive und überraschende Angriffe mit chemischen Kampfstoffen.<ref name="dtig-abc18"/> Kampfflugzeuge können diese in einem Radius von mehreren 100&nbsp;km, mit hoher Geschwindigkeit in verschiedenen Flughöhen zum Einsatz bringen. Die mitgeführte Kampfstoffmenge steht in Abhängigkeit zur Beladung des Kampfflugzeuges. Die Kampfstoffe können mit Fliegerbomben, Streubomben, Raketen oder durch versprühen ins Ziel gebracht werden.

[[Fliegerbombe]]n mit chemischen Kampfstoffen sind sehr flexibel einsetzbar;<ref name="dtig-abc18"/> sie können sowohl aus großer Höhe wie auch aus dem Tiefflug abgeworfen werden. Chemische Kampfstoffe können ebenso in [[Splitterbombe]]n gefüllt werden, was zu einer kombinierten Wirkungsweise führt.<ref name="dtig-abc18"/> Ein solches Beispiel stellt die sowjetische Fliegerbombe ''ChAB-500 (9A1-483)'' dar: Bei einem Gesamtgewicht von rund 300&nbsp;kg enthielt diese Bombe 175&nbsp;kg der Kampfstoffmischung ''HL'' (russische Bezeichnung ''RK-7''), welche aus Schwefellost und Lewisit bestand. Bei der Detonation erzeugte sie neben dem Kampfstoffaerosol auch eine große Anzahl Stahlsplitter, welche mit hoher Energie freisetzt wurden.<ref name="shikhany"/> [[Tank (Behälter)|Kampfstofftanks]], z.&nbsp;B. Abwurfbehälter, wie sie auch für [[Napalm]] verwendet werden, können ebenso mit chemischen Kampfstoffen befüllt werden.<ref name="dtig-abc18"/> Diese Tanks zerplatzen beim Aufschlag auf der Erdoberfläche und der Kampfstoff wird verspritzt. Gegenüber Fliegerbomben mit einer Spreng- oder Zerlegladung wird in diesem Fall der Kampfstoff nur wenig verteilt (kein Aerosol, wenige Tropfen), und die Wirkung beschränkt sich auf ein sehr kleines Gebiet. Solche Kampfstofftanks setzte der Irak während des Ersten Golfkriegs ein.

[[Streumunition|Streubomben]] und Streumunitionsbehälter eignen sich zum Ausbringen von chemischen Kampfstoffen aus mittlerer Flughöhe wie aus dem Tiefflug.<ref name="dtig-abc18"/> Mit Streumunition wird in einem großen Zielgebiet innerhalb kurzer Zeit eine sehr hohe Belegungsdichte mit einer hohen Kampfstoffkonzentration erzielt.<ref name="dtig-abc18"/> Die [[United States Air Force]] hatte in den 1970er-Jahren den Streumunitionsbehälter ''CBU-15'' im Bestand. Bei einem Gesamtgewicht von rund 340&nbsp;kg war dieser mit 40 ''BLU-19''-Bomblets beladen, die je 1,8&nbsp;kg Sarin enthielten. Die Bomblets konnten sowohl im Reihenwurf oder auch alle zeitgleich abgeworfen werden. Die [[McDonnell F-4|F-4 Phantom II]] konnte z.&nbsp;B. vier CBU-15-Behälter transportieren.

Sprühtanks für chemische Kampfstoffe eignen sich zum Ausbringen von chemischen Kampfstoffen aus mittlerer Flughöhe wie aus dem Tiefflug.<ref name="dtig-abc18"/> Der flüssige Kampfstoff wird so primär als Aerosol über ein großes Gebiet verteilt. Die Sowjetunion hatte unter anderem den Sprühtank ''WAP-1000 (BATT)'' im Bestand, welcher 700&nbsp;kg Cyanwasserstoff fasste.<ref name="shikhany"/> Dagegen besaßen die USA den Sprühtank ''TMU-28'', welcher mit 595&nbsp;kg VX befüllt war. Beide Sprühtanks konnten im Tiefflug und bei hoher Geschwindigkeit eingesetzt werden. Sprüheinsätze von Kampfstoffen in Form von [[Agrarflugzeug]]en sowie das Abregnen aus großer Flughöhe gelten heute als überholt.

==== Marschflugkörper ====
Während des Kalten Krieges wurden Gefechtsköpfe für [[Marschflugkörper]] zum Ausbringen von Kampfstoffen entwickelt. Die Sowjetunion hatte z. B. für Marschflugkörper [[Raduga Ch-22|Ch-22]] den ''9-A-3261''-Gefechtskopf entwickelt. Dieser war mit 572&nbsp;kg [[VX]] (russische Bezeichnung ''R-33'') beladen.<ref name="dtig-abc18"/><ref name="chem">[http://levfedorov.ru/chemdisarmament-1-2/ Сайт Федорова Льва Александровича: Химическое разоружение по-русски] (russisch)</ref>

==== Antipersonenminen ====
[[Antipersonenmine]]n mit chemischen Kampfstoffen werden zum anhaltenden Sperren von Geländeabschnitten, auf dem [[Rückzug]] sowie bei [[Verzögerungsgefecht]]en eingesetzt.<ref name="dtig-abc18"/> Während des Kalten Krieges hatten sowohl die Sowjetunion wie auch die Vereinigten Staaten Antipersonenminen mit chemischen Kampfstoffen in ihren [[Arsenal]]en. Die Sowjetunion hatte unter anderem die Kampfstoffmine ''ChF-2'' mit der Kampfstoffmischung ''HL'' (Schwefellost und Lewisit) im Bestand. In den Vereinigten Staaten war dies die Mine ''M23''. Diese wog 10,3&nbsp;kg und hatte eine 0,37&nbsp;kg wiegende [[Sprengstoff]]ladung. Als Kampfstoff wurden 4,8&nbsp;kg VX verwendet.

=== Einfluss von Landform, Wetter und Vegetation ===
Die Landform, das Wetter sowie die Vegetation haben einen entscheidenden Einfluss auf Ausbreitung, Wirksamkeit und Wirkungsdauer von chemischen Kampfstoffen.<ref name="dtig-abc21">L. Huber, J. Bailey, A. Ochsenbein: ''ABC-Waffen: Einsatz und Schutz auf einem europäischen Gefechtsfeld''. 1995. S. 21.</ref>

==== Landform und Vegetation ====
[[Berg- und Talwind-Zirkulation]]en sowie das [[Land-See-Windsystem]] können die Ausbreitung von Kampfstoffwolken beeinflussen.<ref name="dtig-abc21"/> In [[Senke (Geowissenschaften)|Senken]] und [[Tal|Tälern]] können sich Kampstoffwolken ansammeln und ihre Wirksamkeit länger beibehalten. Weiters beeinflusst auch die [[Vegetation]] die Wirkungsweise und -dauer von chemischen Kampfstoffen:<ref name="dtig-abc21"/> Gelände mit niedriger Vegetation ([[Weide (Grünland)|Weide]], [[Gras]]) kann nach einem Einsatz flüchtig, in der Regel nach 12–24 Stunden ohne große Gefahr wieder betreten werden; bei hoher und üppiger Vegetation (Felder, Hecken, [[Unterholz]]) bleiben chemische Kampfstoffe wesentlich länger wirksam. Auch in [[Wald|Wäldern]] und in überbauten Gebieten ([[Dorf|Dörfer]], [[Stadt|Städte]]) behalten chemische Kampfstoffe wesentlich länger ihre Wirksamkeit bei.<ref name="dtig-abc21"/>

==== Wetter ====
[[Temperatur]], [[Wind]] und [[Sonnenstrahlung]] haben entscheidenden Einfluss auf Ausbreitung, Wirksamkeit und Wirkungsdauer von chemischen Kampfstoffen.<ref name="dtig-abc22">L. Huber, J. Bailey, A. Ochsenbein: ''ABC-Waffen: Einsatz und Schutz auf einem europäischen Gefechtsfeld''. 1995. S. 22.</ref> Bei hohen Temperaturen verdampft insbesondere der sesshaft eingesetzte Kampfstoff rascher. So tendierten die während des Ersten Golfkriegs eingesetzten Lost-Kampfstoffe bei den dortigen hohen Temperaturen zum raschen Verdampfen. Diese vermehrten Dämpfe führten entsprechend bei den Opfern zu einer überaus starken Schädigung der Hautoberflächen sowie der Atemwege. Dagegen können sehr tiefe Temperaturen zu einem Verfestigen des flüssigen Kampfstoffes führen. Hohe [[Windgeschwindigkeit]]en verdünnen die Kampfstoffwolke schneller, niedrige Windgeschwindigkeiten verteilen den Kampfstoff hingegen zu wenig und zu langsam. Ideal ist eine Windgeschwindigkeit von 5–20&nbsp;km/h.<ref name="dtig-abc22"/> Durch Sonneneinstrahlung können [[Aufwind]]e entstehen, die eine Kampfstoffwolke zu rasch verdünnen. Dagegen können bei geringer oder fehlender Sonneneinstrahlung nur schwache Aufwinde entstehen, was die Wirksamkeit einer Kampfstoffwolke verbessert. Regen kann flüssigen Kampfstoff in den Boden schwemmen, wobei der Kampfstoff weiterhin wirksam bleibt. Die idealen Verhältnisse für den Einsatz von chemischen Kampfstoffen in [[Europa|Mitteleuropa]] herrschen während klaren Nächten, kurz vor [[Sonnenuntergang]] oder kurz vor [[Sonnenaufgang]].<ref name="dtig-abc22"/>

== Internationale Ächtung ==
Seit 1997 sind chemische Waffen durch die [[Chemiewaffenkonvention]] international offiziell geächtet; auch die Entwicklung, Herstellung und Lagerung sind verboten.

{{Hauptartikel|Liste von völkerrechtlichen Übereinkommen über Chemiewaffen}}

== Vernichtung ==
=== Albanien ===
[[Datei:Soviet chemical weapons canisters from a stockpile in Albania.jpg|mini|hochkant|Ein sowjetischer Chemiewaffenkanister aus albanischen Beständen, 2006]]
Mitte Juli 2007 wurde mitgeteilt, dass [[Albanien]] als weltweit erster Staat seine sämtlichen Bestände an chemischen Waffen nachweislich vernichtet hat. Die Finanzierung des Projektes erfolgte mit insgesamt 48&nbsp;Millionen US-Dollar. Die Vernichtung der Kampfstoffe Schwefellost, Lewisit, Adamsit und Chloracetophenon dauerte von Februar bis Juli 2007.<ref>{{Webarchiv|url=http://www.dw-world.de/dw/function/0,,12356_cid_2682005,00.html?maca=de-rss-de-all-1119-rdf | wayback=20071114102549 | text=„Albanien vernichtet alle Chemiewaffen“, Deutsche Welle, 13.&nbsp;Juli 2007}}.</ref>

=== Deutschland ===
In Deutschland wurden chemische Kampfstoffe im Zweiten Weltkrieg unter anderem bei der Firma [[Orgacid|ORGACID]] in [[Ammendorf/Beesen|Ammendorf]] und in beiden Weltkriegen in [[Munster]] hergestellt.<ref>[http://www.geschichtsspuren.de/cms/content/view/108/33/ ''Kampfstoff in Munster-Nord – Heeresversuchsstelle Raubkammer''.] geschichtsspuren.de</ref> Nach Ende des Krieges verblieben beträchtliche Mengen an Waffen in den Produktionsstätten. Sie wurden von den Alliierten beschlagnahmt und während der [[Operation Davy Jones’ Locker]] auf diverse Schiffe geladen, die dann im [[Skagerrak]] versenkt wurden. Aus heutiger Sicht wäre dies eine [[Umweltstrafrecht|Umweltstraftat]], war aber damals erlaubt.
Danach war an den ehemaligen Produktionsstandorten nur noch verseuchter Boden übrig, der in zwei Entsorgungsanlagen der [[GEKA|Gesellschaft zur Entsorgung von chemischen Kampfstoffen und Rüstungsaltlasten mbH]] (GEKA) kontrolliert vernichtet wird.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.geka-munster.de/ |titel=www.geka-munster.de |zugriff=2015-01-11}}</ref> In den Anlagen der bundeseigenen Gesellschaft wird kontaminierter Boden zuerst „gewaschen“, um die hochkontaminierten Bereiche abzutrennen. Diese werden mit Kalk vermischt und in einer [[Plasma (Physik)|Plasmaanlage]] bei 1350 bis 1550&nbsp;°C im [[Lichtbogen]] geschmolzen. Es entsteht dabei nach dem Abkühlen glasartige [[Asche|Schlacke]], in der nichtbrennbare Stoffe gebunden sind sowie Verbrennungsgase. Mit Chemikalien befüllte Munition wird vorher in einem so genannten [[Sprengofen]] gesprengt. In beiden Fällen werden die Gase ausgewaschen und anschließend die Salze [[Fällungsreaktion|ausgefällt]].<ref>Eine Übersicht der Entsorgungsaktivitäten gab ein Fernsehbeitrag der [[ARD]] im August 2020: Frido Essen: ''[https://www.tagesschau.de/inland/chemiewaffen-115.html Chemiewaffen in Deutschland: Giftiges Erbe aus dem Zweiten Weltkrieg.]'' Beitrag bei Tagesschau.de vom 17. August 2020.</ref> Heute besitzt Deutschland nur noch Kampfstoffmunition die nach dem Krieg in diverse Müllkippen, wie zum Beispiel dem [[Dethlinger Teich]], entsorgt wurden.

=== Russland ===
Russland übernahm von der ehemaligen Sowjetunion rund 40.000 Tonnen Chemiewaffen.
Die erste C-Waffen-Vernichtungsanlage wurde im Dezember 2002 in der Kleinstadt [[Gorny (Saratow, Krasnopartisanski)|Gorny]] im Gebiet [[Saratow]] am Mittellauf der [[Wolga]] gebaut. Außerhalb von [[Potschep]], im Gebiet [[Brjansk]], lagern abgefüllt in über 67.000 Fliegerbomben rund 7.500&nbsp;t der Nervenkampfstoffe VX, Sarin und Soman.
Im April 2006 wurde die zweite russische Anlage zur Vernichtung von Chemiewaffen in [[Kambarka]], Republik [[Udmurtien]] in Betrieb genommen. In der Anlage, die mit deutscher Hilfe finanziert wurde, wurden 6350&nbsp;t arsenhaltiger Hautkampfstoff beseitigt, deren Vernichtungskosten über 270 Millionen Euro betragen. Deutschland trug davon 90 Millionen Euro. In einem ersten Schritt wurden die Kampfstoffe von russischer Seite waffenuntauglich gemacht und ab 2009 eine Anlage mit Hochturbulenzreaktoren zur thermischen Entsorgung der Kampfstoffe in Betrieb genommen.

Die etwa 400&nbsp;km östlich von [[Moskau]] gelegene Stadt [[Dserschinsk]] wurde 2006, 2007 und 2013 vom amerikanischen [[Blacksmith Institute]] zu einem der zehn am stärksten verseuchten Orte der Welt „nominiert“. Wasser und Böden sind hier hochgradig mit Chemikalien aus der Zeit der Chemiewaffenproduktion im Kalten Krieg verseucht, da neben Leckagen und anderen Unfällen in den Jahren 1930 bis 1998 etwa 300.000 Tonnen chemischer Abfälle unsachgemäß entsorgt wurden. Über laufende Sanierungsmaßnahmen ist bislang nichts bekannt.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.greencross.ch/uploads/media/pollution_report_2013_top_ten_wwpp.pdf |titel=The Worlds Worst 2013: The Top Ten Toxic Threats |zugriff=2015-01-11 |format=PDF}}</ref>
Im September 2017 wurde bekanntgegeben, dass der letzte chemische Sprengkopf in der Entsorgungsanlage Kisner in [[Udmurtien]] vernichtet wurde. Die [[Organisation für das Verbot chemischer Waffen]] bestätigte die Vernichtung aller russischen Chemiewaffen und gratulierte Russland, das somit chemiewaffenfrei ist. Der russische Präsident [[Wladimir Wladimirowitsch Putin|Wladimir Putin]] beobachtete den Vorgang per Videozuschaltung und forderte nun auch die USA auf, das Abkommen zu achten und die amerikanischen Chemiewaffen ebenfalls rasch zu vernichten.<ref>[http://www.n-tv.de/politik/Russland-vernichtet-letzte-Chemiewaffen-article20055698.html Russland vernichtet letzte Chemiewaffen]</ref>

=== Vereinigte Staaten ===
[[Datei:First Chemical weapons destroyed at JACADS.jpg|mini|Vernichtung einer mit Sarin, einem Nervenkampfstoff, gefüllten Rakete im Johnston Atoll Chemical Agent Disposal System (kurz JACADS)]]
Die USA nutzten ab Ende der 1980er Jahre bis Ende der 1990er Jahre eine Anlage für die Vernichtung von chemischen Kampfstoffen auf dem [[Johnston-Atoll]] im Pazifik.
Die Vernichtung von 90 % der C-Waffen der USA (31.000 Tonnen waren insgesamt deklariert worden) in den letzten zwei Jahrzehnten durch Verbrennung hat 35&nbsp;Milliarden US-Dollar gekostet, nach anderen Angaben 28 Milliarden Dollar.<ref name="orf_11-09-2013" /><ref>[https://armscontrolcenter.org/fact-sheet-chemical-weapons-and-their-destruction/ Fact Sheet: Chemical Weapons and Their Destruction], The Center for Arms Control and Non-Proliferation, 4. Februar 2014.</ref>
Die Reste des US-Chemiewaffenarsenals befanden sich in zwei Armeelagern in den Bundesstaaten [[Colorado]] und [[Kentucky]]. Die vollständige Vernichtung aller chemischen Kampfstoffe in den USA wurde 2023 abgeschlossen.<ref name=":0">{{Internetquelle |autor= |url=https://www.tagesschau.de/ausland/usa-chemiewaffenbestaende-100.html |titel=USA haben letzte Chemiewaffen zerstört |werk=tagesschau.de |datum=2023-07-08 |abruf=2023-07-08}}</ref>

=== Syrien ===
Russland schlug im September 2013 vor, Syrien möge seine Chemiewaffen unter westlicher Aufsicht zerstören. Die USA, die zuerst mit einem militärischen Schlag gedroht hatten, setzten dann auf eine diplomatische Lösung.<ref name="orf_11-09-2013">''[http://orf.at/stories/2198144/2198143/ Gigantische Herausforderung.]'' ORF.at vom 11. September 2013.</ref> Syrien hat nunmehr am 14. September 2013 den Beitritt zur OPCW ratifiziert, welcher 30&nbsp;Tage später vertragsgemäß in Kraft trat. Alle Anlagen zur Produktion der Waffen und zum Abfüllen von Munition sollen nach Angaben der OPCW unmittelbar danach zerstört worden sein.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.spiegel.de/politik/ausland/opcw-bericht-material-fuer-chemiewaffen-in-syrien-offenbar-zerstoert-a-930968.html |titel=OPCW-Bericht: Syriens Produktionsstätten für Chemiewaffen stillgelegt |werk=[[Spiegel Online]] |datum=2013-10-31 |zugriff=2014-01-09}}</ref> 600 Tonnen Chemikalien wurden dabei auf dem US-Spezialschiff ''[[Cape Ray (T-AKR-9679)|MV Cape Ray (T-AKR-9679)]]'' auf dem [[Mittelmeer]] neutralisiert. Die neutralisierten Chemikalien wurden in Deutschland und Finnland entsorgt.<ref>''Entsorgung auf dem Mittelmeer: Syriens gefährlichste Chemiewaffen sind vernichtet.'' In: ''[[Der Spiegel]].'' 19. August 2014 [http://www.spiegel.de/politik/ausland/giftgas-aus-syrien-usa-melden-zerstoerung-der-chemiewaffen-a-986816.html#js-article-comments-box-Pager spiegel.de].</ref> In Deutschland erfolgte die Verbrennung 340 t Hydrolysats und 30 t sonstiger kontaminierter Abfälle ab September 2014 bei der GEKA.<ref>Carolin George: [https://www.welt.de/print/die_welt/hamburg/article133601305/Munster-verbrennt-Syriens-Senfgas.html ''Munster verbrennt Syriens Senfgas''.] In: ''[[Die Welt]]'', 24. Oktober 2014.</ref>

== Chemikalien-Lieferungen für Waffenproduktion? ==
Die britische Boulevard-Zeitung [[Daily Mail]] behauptete am 7. September 2013, dass von 2004 bis 2010 die britische Regierung fünfmal zwei britischen Firmen die Lieferung der Chemikalie [[Natriumfluorid]] bewilligt habe, die zur Synthese von fluorhaltigem Sarin verwendet werden kann.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.dailymail.co.uk/news/article-2415081/Britain-sent-poison-chemicals-Assad-Proof-UK-delivered-Sarin-agent-Syrian-regime.html |titel=Britain sent poison gas chemicals to Assad: Proof that the UK delivered Sarin agent to Syrian regime for SIX years |autor=Mark Nicol |werk=[[Daily Mail]] |datum=2013-09-07 |sprache=en |zugriff=2014-01-09}}</ref>

Auf Anfrage der Fraktion [[Die Linke]] gab die deutsche Regierung am 18. September 2013 bekannt, dass zwischen 2002 und 2006 insgesamt 137&nbsp;Tonnen [[Fluorwasserstoff]], [[Ammoniumhydrogendifluorid]], Natriumfluorid sowie Zubereitungen mit [[Kaliumcyanid|Kalium-]] und [[Natriumcyanid]] nach Syrien exportiert worden sind. Syrien hat eine geplante Verwendung dieser [[Dual-Use]]-Güter für zivile Zwecke plausibel dargestellt. Die Ausfuhrgenehmigung sei erst nach „sorgfältiger Prüfung aller eventueller Risiken, einschließlich von Missbrauchs- und Umleitungsgefahren im Hinblick auf mögliche Verwendungen in Zusammenhang mit Chemiewaffen“ erteilt worden, so das Wirtschaftsministerium.<ref>[http://orf.at/#/stories/2199022/ ''Deutschland lieferte Chemikalien nach Syrien''.] ORF.at, 18. September 2013.</ref>

== Stellungnahme der Gesellschaft Deutscher Chemiker 2022 ==
Die [[Gesellschaft Deutscher Chemiker]] veröffentlichte 2022 eine umfangreiche Stellungnahme zum Thema ''Chemische Kampfstoffe''.<ref>[https://gdch.app/article/giftstoffe-und-chemieanlagen-im-krieg-4132604 GDCh-Stellungnahme], abgerufen am 10. Dezember 2022</ref>

== Siehe auch ==
* [[Liste chemischer Kampfstoffe]]
* [[Liste von Terroranschlägen]]
* [[Uranmunition]]

== Literatur ==
* Joachim Badelt: ''Chemische Kriegführung – Chemische Abrüstung. Die Bundesrepublik Deutschland und das Pariser Chemiewaffenübereinkommen.'' (= ''Militärpolitik und Rüstungsbegrenzung.'' 5). Berlin-Verlag Spitz, Berlin 1994, ISBN 3-87061-269-X.
* Christoph Bundscherer: ''Deutschland und das Chemiewaffenübereinkommen. Wirtschaftsverwaltungsrecht als Instrument der Rüstungskontrolle.'' (= ''Europäische Hochschulschriften'' Reihe 2; ''Rechtswissenschaft.'' 2213). Lang, Frankfurt am Main u.&nbsp;a. 1997, ISBN 3-631-32353-0. (Zugleich: Greifswald, Univ., Diss., 1997)
* Walter Böttger: ''Kultur im alten China.'' Urania-Verlag, Leipzig u.&nbsp;a. 1977, {{DNB|780342844}}.
* Jochen Gartz: ''Chemische Kampfstoffe. Der Tod kam aus Deutschland.'' (= ''Der Grüne Zweig.'' Band 243). Pieper und The Grüne Kraft, Löhrbach 2003, ISBN 3-922708-28-5.
* Günther W. Gellermann: ''Der Krieg, der nicht stattfand. Möglichkeiten, Überlegungen und Entscheidungen der deutschen obersten Führung zur Verwendung chemischer Kampfstoffe im Zweiten Weltkrieg.'' Bernard & Graefe, Bonn 1986, ISBN 3-7637-5804-6.
* [[Olaf Groehler]]: ''Der lautlose Tod.'' Rowohlt TB, Reinbek 1990, ISBN 3-499-18738-8.
* [[Gerhard Grümmer]]: ''Giftküchen des Teufels.'' 3. Auflage. Brandenburger Verlagshaus, Berlin 1990, ISBN 3-327-00647-4.
* [[Ludwig F. Haber]]: ''The Poisonous Cloud. Chemical Warfare in the First World War.'' Oxford University Press, Oxford u.&nbsp;a. 1986, ISBN 0-19-858142-4.
* L. Huber, J. Bailey, A. Ochsenbein: ''ABC-Waffen: Einsatz und Schutz auf einem europäischen Gefechtsfeld''. DTIG – Defense Threat Informations Group, 1995.
* [[Robert Harris]], Jeremy Paxman: ''Eine höhere Form des Tötens. Die geheime Geschichte der B- und C-Waffen.'' Econ, Düsseldorf u.&nbsp;a. 1986, ISBN 3-430-14052-8.
* [[Reinhard Klimmek]], Ladislaus Szinicz, Nikolaus Weger: ''Chemische Gifte und Kampfstoffe – Wirkung und Therapie''. Hippokrates Verlag, Stuttgart 1983, ISBN 3-7773-0608-8.
* Dan Kaszeta: ''Toxic. A History of Nerve Agents, From Nazi Germany to Putin’s Russia.'' Hurst & Company, London 2020, ISBN 978-1-78738-306-7.
* Thilo Marauhn: ''Der deutsche Chemiewaffenverzicht. Rechtsentwicklungen seit 1945.'' (= ''Beiträge zum ausländischen öffentlichen Recht und Völkerrecht.'' 116). Springer, Berlin u.&nbsp;a. 1994, ISBN 3-540-58352-1. (Zugleich: Heidelberg, Univ., Diss., 1993–1994).
* Dieter Martinetz: ''Der Gaskrieg 1914–1918. Entwicklung, Herstellung und Einsatz chemischer Kampfstoffe. Das Zusammenwirken von militärischer Führung, Wissenschaft und Industrie.'' Bernard & Graefe, Bonn 1996, ISBN 3-7637-5952-2.
* [[Gerhard Peters]] (LS-Oberführer): ''Kampfstoff– und Luftschutz–Chemie – Eigenschaften Gefahren und Abwehr der chemischen Kampfstoffe'', Ferdinand Enke Verlag, Stuttgart 1939. [https://d-nb.info/575358106 DNB-Link]
* Florian Schmaltz: ''Kampfstoff-Forschung im Nationalsozialismus. Zur Kooperation von Kaiser-Wilhelm-Instituten, Militär und Industrie.'' (= ''Geschichte der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im Nationalsozialismus.'' 11). Wallstein, Göttingen 2005, ISBN 3-89244-880-9.
* Jonathan B. Tucker: ''War of nerves. Chemical warfare from World War I to al-Qaeda.'' Pantheon Books, New York NY 2006, ISBN 0-375-42229-3.
* Gertrud Woker: ''[[Der kommende Gift- und Brandkrieg und seine Auswirkungen gegenüber der Zivilbevölkerung]].'' Ernst Oldenburg Verlag, Leipzig 1932, {{DNB|578415798}}.

== Weblinks ==
{{Commonscat|Chemical warfare|Chemische Waffe}}
{{Wiktionary|Giftgas}}
{{Wiktionary|Kampfstoff}}
* [http://www.cci.ethz.ch/vorlesung/de/Chemiegeschichte/Chemiewaffen.pdf ''Chemische Kampfstoffe''] (PDF; 427 kB), auf cci.ethz.ch, abgerufen am 4. April 2017.
* [http://www.opcw.org/ Organization for the Prohibition of Chemical Weapons]
* {{Webarchiv|url=http://www.dtig.org/docs/BCW_1.pdf | wayback=20090219071357 | text=Detaillierte Tabelle über Chemische Kampfstoffe.}} (PDF; 124&nbsp;kB) DTIG.org
* [http://www.firstworldwar.com/photos/gas.htm Fotoaufnahmen vom Gaseinsatz während des Ersten Weltkriegs]
* [http://www.erster-weltkrieg.net/deutschland/heer/kompaniefuehrer_merkblatt1.htm Deutsches Merkblatt für den Gaskampf (1917)]
* {{§§|cw_ag|juris|text=Text des Ausführungsgesetzes zum Chemiewaffenübereinkommen}}
* [http://www.geschichtsspuren.de/cms/content/view/108/33/ Beschreibung der deutschen Produktionsanlagen in Munster] auf geschichtsspuren.de
* [http://www.britishpathe.com/video/gas-tanker-blows-up-and-sinks/query/poison+gas+north+sea ''Giftgas ins Meer''.] deutscher Wochenschaubericht über die Versenkung von Transportschiffen mit Giftgas 1946 in der Nordsee
* [http://www.britishpathe.com/video/gas-ship-towed-out-to-sea-and-sunk/query/poison ''Gas Ship Towed To Sea And Sunk'']. Dokumentarfilmaufnahme der British Pathé von der Versenkung der ''Alco Banner'' (vermutlich richtige Schreibweise ''Alcoa Banner'') angeblich 1946 vor Norwegen
* Stefanie Kalb: ''[[Wilhelm Neumann (Mediziner, 1898)|Wilhelm Neumann 1898–1965.]] Leben und Werk unter besonderer Berücksichtigung seiner Rolle in der Kampfstoff-Forschung''. Diss. med., [[Julius-Maximilians-Universität Würzburg]], 2005, [https://opus.bibliothek.uni-wuerzburg.de/index.php/frontdoor/index/index/docId/1378 Zusammenfassung.] Printausgabe im Franz Steiner Verlag
* [http://www.commondreams.org/headlines05/1030-09.htm ''The Deadliness Below. Weapons of mass destruction thrown into the sea years ago present danger now – and the Army doesn’t know where they all are.''] In: ''CommonDreams'', 30. Oktober 2005
* [http://www.wlb-stuttgart.de/seekrieg/4508-bilder/gasmunition.htm Liste mit deutschen und ausländischen Schiffen, die von 1945 bis 1956 mit chemischen Waffen in nordeuropäischen Gewässern bzw. im Atlantik versenkt wurden]
* [https://www.ffi.no/no/Rapporter/02-04951.pdf Norwegischer Forschungsbericht über die Untersuchung von mit chemischen Waffen versenkten Schiffen vor der norwegischen Küste bzw. im Skagerrak ab 1989.] (englisch: ''Investigation and Risk Assessment of Ships Loaded with Chemical Ammunition Scuttled in Skagerrak'')

== Einzelnachweise ==
<references />

[[Kategorie:Chemische Waffe| ]]
[[Kategorie:Militärtechnik (Erster Weltkrieg)]]
[[Kategorie:Militärtechnik (Zweiter Weltkrieg)]]

Aktuelle Version vom 29. April 2024, 21:13 Uhr

Warnzeichen der US-amerikanischen Streitkräfte für chemische Waffen

Chemische Waffen (auch Chemiewaffen) sind toxisch wirkende feste, flüssige oder (als Giftgas) gasförmige Substanzen oder Gemische, die – in Verbindung mit der notwendigen Waffentechnik zur Ausbringung (Granaten, Sprühvorrichtungen) – ursprünglich hergestellt wurden, um Menschen in kriegerischen Auseinandersetzungen sowie bei Terror- und Sabotageakten zeitweilig kampf- bzw. handlungsunfähig zu machen oder zu töten.[1] In der 1997 in Kraft getretenen Chemiewaffenkonvention wird die Verwendung auf jede Chemikalie in Waffen erweitert, deren toxische Eigenschaften Menschen oder Tieren zeitweiligen oder permanenten Schaden zufügen, und auch die zu ihrer Produktion verwendeten Vorgängerstoffe werden, sofern sie nicht für eine andere Form der Weiterverarbeitung vorgesehen sind, zu den chemischen Waffen gezählt.[2] Im erweiterten Sinn werden auch Brand- (Napalm), Nebel- und Rauchstoffe sowie Entlaubungsmittel (Herbizide) und Nesselstoffe zu den chemischen Waffen gerechnet.[1] Chemische Waffen gehören zu den Massenvernichtungswaffen (CBRN-Waffen).

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bereits im Peloponnesischen Krieg 431 bis 404 v. Chr. setzten die Spartaner Brandkörper ein, die hohe Luftkonzentrationen von Schwefeldioxid verursachten. Bei der Eroberung von Dura Europos setzten die Sassaniden 256 n. Chr. gegen die Römer auch Naphtha ein. In der Schlacht bei Liegnitz (1241) wurden die christlichen Ritter von den Mongolen durch „dampfausstoßende Kriegsmaschinen“ in Schrecken versetzt.

Die ersten modernen chemischen Waffen sind im Ersten Weltkrieg eingesetzt worden. Es handelte sich um unmittelbar einsatzbereite unitäre Kampfstoffe,[3] die zunächst auf Substanzen basierten, die bereits in der chemischen Industrie verwendet wurden, also in ausreichend großen Mengen vorhanden waren; das waren Gase wie Chlor, Phosgen, Cyanwasserstoff (Blausäure) oder Arsin. Diese hatten jedoch zwei große Nachteile: Zum einen waren sie durch wechselnde Windrichtungen unberechenbar (so konnte eine Gaswolke auf die eigene Stellung zurückgeweht werden), und andererseits verflüchtigte sich das Gas relativ schnell. Daher sind die meisten späteren chemischen Kampfstoffe Flüssigkeiten, die als Aerosole versprüht werden. Das hat zur Folge, dass die Substanzen an Boden, Kleidung, Haut und Gasmasken klebenbleiben und auch in die Filter eindringen können. Deshalb ist die Verweildauer viel länger als bei Gas.

Das Hauptziel der neueren Kampfstoffe ist nicht allein die Lunge, sondern auch die Haut. Ein solcher Kampfstoff diffundiert durch die Haut hindurch in die Blutbahn und wird so schnell im ganzen Organismus verteilt. Daher stellen nur Ganzkörperschutzanzüge einen ausreichenden Schutz gegen Kampfstoffe dar. Ein bekannter und wichtiger Kampfstoff dieser Gruppe ist Schwefellost, auch bekannt unter dem Namen Senfgas.

Dass bereits 21 Jahre vor dem Ersten Weltkrieg die Entwicklung von Chemiewaffen politisch relevant war, zeigt ein Artikel der Times von 1893, in dem das War Office Explosives Committee die Unmöglichkeit thematisierte, Tests der neuen Waffen geheim zu halten:

„Die Experimente müssen teilweise in den eigenen Labors durchgeführt werden, die an öffentliche Einrichtungen angegliedert sind, an deren Angestellte kein offizieller Anspruch auf Geheimhaltung gestellt werden kann; teilweise im Gebäude des War Department Chemical Establishments, wo Angestellte verschiedenster Grade arbeiten und wo laufend Beamte aller Art vorbeischauen, sowie Privatpersonen; gleichzeitig muss die Einrichtung ihre praktischen Experimente im Freien auf dem Gelände des Waffenlagers ausführen, wozu die Zeitungsreporter und ihre Agenten freien Zugang haben.“[4]

Erster Weltkrieg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Livens-Gasgranatwerfer werden geladen
Luftaufnahme eines deutschen Blasangriffs (1916)
Durch Giftgas geblendete britische Soldaten warten auf die Behandlung

Im Ersten Weltkrieg kam es zum ersten Einsatz von chemischen Kampfstoffen im August 1914 durch französische Truppen, die Xylylbromid – ein für die Pariser Polizei entwickeltes Tränengas – gegen deutsche Truppen einsetzten. Erste Versuche beider Seiten mit Stoffen wie Bromessigsäureethylester (durch Frankreich im März 1915) und o-Dianisidinchlorsulfonat, einem feinkristallinen Pulver, das Schleimhäute der Augen und Nase reizte (durch Deutschland am 27. Oktober 1914 bei Neuve-Chapelle), verliefen nicht zufriedenstellend, da die Stoffe sich beim Abschuss durch die entstehende Hitze zersetzten.

In großem Umfang setzte zuerst das deutsche Heer Kampfgase ein, als Ende Januar 1915 an der Ostfront bei Bolimów in Polen bei einer Offensive der 9. Armee mit Xylylbromid gefüllte Geschosse gegen russische Truppen abgefeuert wurden. 18.000 Gasgranaten waren bereitgestellt worden, deren Wirkung aber durch Kälte und Schnee nahezu aufgehoben wurde.[5] Ungleich bekannter wurde jedoch der erste wirkungsvolle Einsatz von chemischen Waffen an der Westfront vom 22. April 1915 in der Zweiten Flandernschlacht bei Ypern. Das deutsche XV. Armee-Korps unter General der Infanterie von Deimling ließ 150 Tonnen Chlorgas nach dem so genannten Haberschen Blasverfahren aus Flaschen entweichen. Eingeatmetes Chlorgas führt zu einem lebensbedrohlichen toxischen Lungenödem. Da Chlor schwerer als Luft ist, sank das Gas in die französischen Schützengräben und forderte dort angeblich rund 5000 Tote und 10.000 Verletzte; heute geht man von 1.200 Toten und 3.000 Verwundeten aus.[6][7]

Frankreich setzte als erste der kriegführenden Nationen am 22. Februar 1916 Phosgen (COCl2) in Reinform ein, nachdem deutsche Gastruppen eine Mischung aus Chlorgas mit einem etwa fünfprozentigen Zusatz von Phosgen bereits Ende Mai 1915 an der Ostfront in Bolimów an der Bzura gegen russische Truppen[8][9] sowie an der Westfront am 31. Mai 1915 bei Ypern gegen französische Truppen[10] verwendet hatten. Phosgen wird der größte Anteil an allen Gasverletzten zugeschrieben. Später wurden die Kampfstoffe mittels Giftgasgranaten verschossen, bei denen durch farbige Kreuze (Blaukreuz, Gelbkreuz, Grünkreuz und Weißkreuz) erkennbar war, welche Art von Kampfstoff sie enthielten. An der Westfront wurde verstärkt „Gelbkreuz“ eingesetzt, das für Hautkampfstoffe stand.

Buntschießen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Während des Ersten Weltkrieges wurden Kampfstoffe in der Spätphase häufig kombiniert eingesetzt. Stark reizend wirkende Kampfstoffe in Aerosol- oder Pulverform wie Blaukreuz konnten die Filter der Gasmasken durchdringen und zwangen die Träger, die Gasmaske abzunehmen. Gleichzeitig mit diesen Maskenbrechern wurden lungenschädigende Kampfstoffe wie Grünkreuz eingesetzt. Der kombinierte Einsatz verschiedener Kampfstoffe zu diesem Zweck wurde als „Buntschießen“ oder „Buntkreuz“ bezeichnet.

Bei der Offensive deutscher und österreichisch-ungarischer Verbände im Raum Flitsch-Tolmein (Schlacht von Karfreit oder auch Zwölfte Isonzoschlacht) am 24. Oktober 1917 wurde der Angriff durch „Buntschießen“ von Gasbatterien vorbereitet. Die italienischen Soldaten verfügten nur über ungenügende oder gar keine Schutzbekleidung – in diesem Abschnitt starben durch den Gasangriff über 5.000 Italiener. Die angreifenden Verbände hatten es dadurch erheblich leichter, den Durchbruch durch die italienische Front zu erreichen. Auch die psychische Wirkung auf die Italiener war verheerend. Sehr viele Soldaten ergaben sich den Angreifern, die Kampfmoral sank drastisch. Die italienische Front musste bis an den Piave zurückgenommen werden; zur Verstärkung wurden französische und britische Verbände an diese Front verlegt. Die Italiener konnten die Lage nach einer Reorganisation später selbst wieder stabilisieren. Im Juni 1918 versuchte Österreich-Ungarn in einer letzten Offensive, den Piave zu überschreiten. Der Angriff war jedoch nicht erfolgreich, da zum einen die Italiener besser gegen Gasangriffe gerüstet waren und zum anderen ein Teil der chemischen Waffen zu lange gelagert worden war und damit seine Wirksamkeit verloren hatte.

Ein weiterer militärisch erfolgreicher Fall von Buntschießen, wie von Oberst Georg Bruchmüller erfunden, erfolgte bei der Deutschen Frühjahrsoffensive vom 21. März bis 17. Juli 1918 an der Westfront in Nordfrankreich. Dabei lag das Augenmerk nicht auf einer langen Artillerievorbereitung und einem schwerfälligen Angriff auf breiter Front, sondern auf einem kurzen, aber zusätzlich durch gemischten Einsatz von Gasgranaten effektiven Artillerieschlag. Danach sollten die sogenannten Sturmbataillone nachrücken und verbliebene Widerstandsnester ausräumen. Der gemischte Gaseinsatz lähmte dabei die Widerstandskraft des Gegners entscheidend.

Bewertung von chemischen Kampfstoffen als Kriegswaffe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Chemische Kampfstoffe werden heute allgemein als die schrecklichsten Waffen des Ersten Weltkrieges angesehen. Sie verursachten kurzzeitig große Ausfälle, wobei allerdings im Vergleich zu anderen damaligen Waffen die Todesraten sehr gering waren. Trotz der teilweise qualvollen Verletzungen waren die Heilungschancen besser als im Vergleich zu Verwundungen durch Schussverletzungen oder Artillerie; abgesehen von den Spätfolgen wie zum Beispiel Hautkrebs im Falle von S-Lost, die zum Teil erst nach Jahrzehnten eintraten.

Chemische Waffen verursachten im Ersten Weltkrieg auf beiden Seiten insgesamt etwa 90.000 Tote und 1,2 Millionen Verwundete, wobei aufgrund mangelhafter Schutzausrüstung allein auf Russland mehr als die Hälfte dieser Toten entfiel. An der Westfront hatten die Alliierten etwa doppelt so hohe Verluste wie die Deutschen.[11] Deutschland und Österreich-Ungarn rüsteten ihre Soldaten mit wirksameren Gasmasken aus und konnten so höhere Verluste bei Gasangriffen vermeiden.

Aufgrund der verhältnismäßig niedrigen Todesrate (ca. 90.000 Tote; manche Historiker nehmen an, dass insgesamt nur 18.000 Mann an der Westfront durch Gasangriffe starben) und der teilweise unkalkulierbaren Wirkung infolge von nicht vorhersehbaren Faktoren wie bspw. wechselnde Windrichtungen gilt Giftgas im Ersten Weltkrieg als eine wenig effektive Waffe.[12]

Zwischen den Weltkriegen (1918 bis 1939)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gasschutzübung 1926 in Potsdam

Im Ersten Weltkrieg hatte die Flugzeugtechnik deutliche Fortschritte gemacht: Reichweite, Zuverlässigkeit, Geschwindigkeit und maximale Zuladung hatten stark zugenommen. Auch hatten alle Seiten die Nützlichkeit von Aufklärungsflugzeugen erkannt.

Ab 1919 wurde das Konzept der kolonialen Herrschaft und Kontrolle aus der Luft von Winston Churchill erstmals umgesetzt. Die Royal Air Force sollte dabei die Kontrolle über die Kolonien im Nahen Osten übernehmen und ausführen. Neben konventionellen Waffen wurden dabei auch Giftgaseinsätze aus der Luft erwogen und von Churchill ausdrücklich gefordert. Aufgrund von technischen Problemen wurde Giftgas nur mit den bereits im Ersten Weltkrieg erprobten Methoden gegen die arabische Bevölkerung im Irak angewandt. Dabei kam es auch zu Giftgaseinsätzen gegen die Kurden in Sulaimaniyya im heutigen Irak.[13]

Vorbehalte britischer Militärs wies Churchill zurück und erklärte: „Ich verstehe die Zimperlichkeit bezüglich des Einsatzes von Gas nicht. Ich bin sehr dafür, Giftgas gegen unzivilisierte Stämme einzusetzen“, ließ er verlauten. Das eingesetzte Gas müsse ja nicht tödlich sein, sondern nur „große Schmerzen hervorrufen und einen umfassenden Terror verbreiten“.[14]

Ein Verband der sowjetischen Armee, zusammengesetzt vorwiegend aus Einheiten der Tscheka, setzte während des Bauernaufstands von Tambow 1920/21 chemische Kampfstoffe zur Bekämpfung der aufständischen Bauern ein.[15]

Im Rifkrieg in Nordmarokko setzte Spanien ab 1924 chemische Waffen gegen die aufständischen Rifkabylen, einen Berber-Stamm, ein. Dabei wurde Spanien von Frankreich und in einem Geheimvertrag von der deutschen Reichswehr unterstützt.[16]

Ein weiteres Mal wurde Giftgas vom faschistischen Italien im Zweiten Italienisch-Libyschen Krieg sowie im Abessinienkrieg verwendet. Italien setzte Giftgasbomben in Äthiopien ein, nachdem die äthiopische Weihnachtsoffensive erfolgreich italienische Truppen zurückgedrängt und Versorgungslinien unterbrochen hatte. Die äthiopischen Truppen waren sehr schlecht ausgerüstet und viele Krieger kämpften noch mit Speeren. Die Krieger trugen traditionelle Kleidung und verfügten über keine Schutzausrüstung, so dass besonders das hautschädigende Senfgas zu hohen Verlusten führte. Laut sowjetischen Schätzungen kamen durch den Einsatz von Giftgas 15.000 bis 50.000 Äthiopier ums Leben.[17]

Der deutschen Reichswehr waren die Entwicklung und der Besitz von chemischen Waffen durch den Versailler Vertrag verboten. Um das Verbot zu umgehen, kooperierte Deutschland ab 1923 mit der Sowjetunion (siehe: Vertrag von Rapallo) und erprobte auf dem Testgelände Tomka chemische Waffen.[18] Eine Zusammenarbeit fand auch mit Spanien statt.[16]

In den USA wurden Chemiewaffen zwischen den Weltkriegen weiterentwickelt. Zuständig dafür war neben der American Chemical Society (Institut für Chemie an der Northwestern University) eine Militärbehörde, die National Association for Chemical Defense.[19] Deren Leiter H. Edmund Bullis[20] empfahl 1928 sogar den Polizeibehörden den Einsatz dieser „höchst effektiven und zugleich humansten aller Waffen“, eben Chemiewaffen. In Cleveland und Chicago testeten Polizisten in dem Jahr „erfolgreich“ aus „genialen“ Füllfederhalter-großen oder aus normalen Pistolen abgefeuerte neuartige Gase, die „gezeigt haben, dass man drei oder vier Männer, die zusammen nicht weiter als fünf Meter entfernt stehen, mit einem einzigen Schuss nachhaltig ausschalten kann“. Auch Kneipen, die illegal Alkohol ausschenkten (Speakeasys), könne man mit Chemiewaffen „mindestens einen Monat lang unbewohnbar“ machen.[21] Bullis setzte sich vehement gegen ein weltweites Verbot von chemischen Waffen im Krieg ein, mit der Begründung:

„Wir sollten uns nicht die Hände durch eine internationale Übereinkunft binden lassen, deren Einhaltung man nicht sicherstellen kann.“[22]

Er nannte als Beispiel den Austritt toxischen Phosgengases aus einem Kesselwagen bei der Chemischen Fabrik Stoltzenberg in Hamburg. Das Deutsche Reich durfte eigentlich solche Giftgase gar nicht herstellen und lagern.

Die englische Öffentlichkeit diskutierte nach dem Ersten Weltkrieg über eine stärkere Zusammenlegung von ziviler und militärischer Forschung, wozu auch die Entwicklung neuer Chemiewaffen gehörte. „Die ganze Zukunft der chemischen Kriegführung hängt von der Farbstoffindustrie ab“, schrieb 1920 der Kriegskorrespondent der Londoner Times.[23]

Genfer Protokoll[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gesetz über das Genfer Protokoll wegen Verbots des Gaskriegs (1929, Deutschland)

Die Verwendung von vergiftenden Waffen war schon vor dem Ersten Weltkrieg durch die Haager Landkriegsordnung geächtet, deren Formulierung bot jedoch ausreichend Spielraum zu verschiedenen Auslegungen, so dass der Einsatz von Giftgas nicht eindeutig verboten war. Angesichts der Gräuel im Ersten Weltkrieg wurde 1925 im Genfer Protokoll die Anwendung von Giftgasen und bakteriologischen Mitteln ausdrücklich verboten.

Die Ratifizierung erfolgte zögerlich: 1926: Frankreich, 1928: Italien, Sowjetunion (Erklärung), 1929: Deutschland, 1930: Großbritannien, 1970: Japan, 1975: USA.[24]

Viele der Unterzeichnerstaaten behielten sich bestimmte Handlungen vor, namentlich[24]

  • den C-Waffeneinsatz gegen Nichtvertragsstaaten und
  • Gegenangriffe, falls sie mit solchen Waffen angegriffen werden sollten (⇒ Abschreckung/Vergeltung)

Der Vertrag ist nur ein Verbot des Ersteinsatzes von B- und C-Waffen.[24]

Zweiter Weltkrieg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kaiserlich Japanische Marineinfanterie mit Gasmasken während der Schlacht um Shanghai

Bereits 1935 erschien das Lehrbuch Schulversuche zur Chemie der Kampfstoffe: ein Experimentierbuch zum Gas- und Luftschutz in Berlin. Der Autor Kintoff leitet zu einfachen Versuchen an und erläutert die Funktion der Gasmaske.[25][26]

Während des Zweiten Weltkrieges setzte das Kaiserreich Japan als einzige Nation chemische Waffen ein. Diese wurden zusammen mit biologischen Waffen in der Republik China gegen chinesische Truppen und auch zur gezielten Massentötung von Zivilisten eingesetzt.[27][28]

Nach Erkenntnissen der Historiker Yoshiaki Yoshimi und Seiya Matsuno erhielt Okamura Yasuji vom Kaiser Hirohito die Erlaubnis, chemische Waffen während dieser Gefechte einzusetzen.[29] Zum Beispiel ermächtigte der Kaiser den Einsatz von Giftgas während der Schlacht um Wuhan von August bis Oktober 1938 in 375 verschiedenen Einsätzen gegen die 1,1 Millionen chinesischen Soldaten, von denen 400.000 während der Schlacht starben.[30] Artikel 23 der Haager Landkriegsordnung und Artikel 5 des Vertrages in Bezug auf die Nutzung von U-Booten und Schadgasen in der Kriegführung vom 6. Februar 1921 verurteilten jedoch bereits den Einsatz von Giftgas.[31] Während der Schlacht um Changsha im Herbst 1939 setzte die Kaiserlich Japanische Armee ebenfalls große Mengen Giftgas gegen chinesische Positionen ein. Ein weiteres Beispiel ist die Schlacht von Yichang im Oktober 1941, in der das 19. Artillerieregiment die 13. Brigade der 11. Armee durch Beschuss der chinesischen Streitkräfte mit 1.000 gelben Gasgranaten und 1.500 roten Gasgranaten unterstützte. Das Gebiet war mit chinesischen Zivilisten, deren Evakuierung durch die japanische Armee untersagt wurde, überfüllt. Von den rund 3.000 chinesischen Soldaten in dem Gebiet waren 1.600 von der Wirkung des Gases erheblich betroffen.[32]

Während der Schlacht um Changde im November und Dezember 1943 versuchten Truppen der Kaiserlich Japanischen Armee, darunter die Einheit 516, zusammen mit der Versprühung von biologischen Kampfstoffen von Flugzeugen aus, durch den massiven Einsatz von Giftgas, welches hauptsächlich mit Artilleriegranaten sowohl auf chinesische Stellungen im Umland als auch in die Stadt abgeschossen wurde, den Widerstand der Verteidiger zu brechen.[28] Bei dem eingesetzten Gas handelte es sich neben anderen Arten zur Hauptsache höchstwahrscheinlich um Senfgas und Lewisit. Im Laufe der Schlacht starben 50.000 chinesische Soldaten und 300.000 Zivilisten. Wie viele davon durch die biologischen und chemischen Waffen gestorben sind, ist ungeklärt. Sowohl die Einsätze von biologischen als auch von chemischen Waffen durch die Kaiserlich Japanische Armee werden zu den japanischen Kriegsverbrechen gezählt.

Zu den zahllosen Menschenexperimenten der japanischen Armee, darunter der Einheit 731, gehörte auch das Testen von Giftgas an gefangenen chinesischen Zivilisten. Im Jahr 2004 entdeckten Yuki Tanaka und Yoshimi im australischen Nationalarchiv Dokumente, die belegen, dass Zyanidgas im November 1944 auf den Kai-Inseln (Indonesien) an australischen und niederländischen Kriegsgefangenen getestet wurde.[33]

Das Verbot der Anwendung von vergiftenden, chemischen und biologischen Waffen wurde im Zweiten Weltkrieg zumindest auf dem europäischen Kriegsschauplatz weitgehend beachtet, obwohl nicht alle beteiligten Länder dem Protokoll beigetreten waren. Ein weiterer wichtiger Aspekt war auch die gegenseitige Abschreckung, vergleichbar mit der atomaren Abschreckung im Kalten Krieg: Hätte eine der kriegführenden Parteien Giftgas eingesetzt, wurde als Folge eine Bombardierung des eigenen Territoriums mit chemischen Waffen durch Gegner befürchtet. Für den Fall, dass Deutschland an der Ostfront Kampfstoffe einsetzen sollte, hatte der britische Premierminister Churchill bereits im Mai 1942 mit einem Großeinsatz von Kampfstoffen gedroht. Ein amerikanischer Plan vom April 1944 sah für den Fall des Kampfstoffeinsatzes durch Deutschland einen Vergeltungsangriff gegen 30 große deutsche Städte vor. Innerhalb von 14 Tagen sollten in diesem Fall die Städte mit einer Gesamtfläche von 217 km² angegriffen und über ihnen insgesamt 15.345 t Senfgas (Lost) und 21.176 t Phosgen abgeworfen werden. Wegen der extrem hohen Kampfstoffkonzentration in diesem Fall (168 Gramm je Quadratmeter) gingen Schätzungen von 5,6 Millionen unmittelbar durch den Einsatz Getöteten und weiteren 12 Millionen an den Folgen des Angriffs Gestorbenen und Verletzten aus[34]. Die Pläne wurden schließlich aufgeben, weil einerseits der befürchtete vorangehende Giftgas-Einsatz Deutschlands nie stattfand, andererseits aber auch aus der Erkenntnis heraus, dass der großflächige Einsatz von Giftgas zum Ausbruch von Seuchen unter den Überlebenden geführt hätte, was wiederum den vorrückenden alliierten Truppen gefährlich geworden wäre.

Ein britisches Plakat während des Zweiten Weltkrieges warnt vor möglichen Gasangriffen

An den europäischen Fronten sind während des ganzen Zweiten Weltkriegs nur vier Fälle bekannt geworden, in denen Menschen durch Kampfstoffe getötet oder verletzt wurden, dabei handelte es sich um einen gezielten Kampfstoffeinsatz sowie drei Unfälle:

  • Vermutlich aufgrund der Entscheidung eines einzelnen Offiziers verwendeten polnische Truppen Lostbomben zur Sprengung einer Brücke und zur Verminung einer Straßensperre in der Nähe von Jaslo. Dabei wurden am 8. September 1939 zwei deutsche Soldaten getötet und zwölf verwundet.[35]
  • Am 11. September 1939 wurden drei deutsche Soldaten bei Ostrowiec (Polen) durch Gas verletzt, als sie einen auffälligen Behälter öffneten.
  • Am 2. Dezember 1943 bombardierte die deutsche Luftwaffe den italienischen Hafen von Bari. Dabei wurde der unter anderem mit 100 t Stickstoff-Lost beladene US-Frachter John Harvey getroffen und versenkt. Ein Teil der Ladung lief ins Wasser, ein anderer Teil wurde durch die Explosionen und die Brände in der Luft verteilt. Da auf Grund der Geheimhaltung nur wenige Personen in Bari von der Existenz dieser Ladung wussten und diese allesamt durch das Gas getötet wurden, konnten die Verwundeten zunächst nicht richtig behandelt werden. Genaue Zahlen über die Opfer existieren nicht; es wird geschätzt, dass über 600 Soldaten und Angehörige der Handelsmarine verätzt wurden, wovon etwa 100 starben. Die Zahl der getöteten Zivilisten dürfte um die 1.000 betragen. Dieser Vorfall hätte beinahe eine weitere Eskalation des Krieges ausgelöst. Eine im Hafenbecken gefundene Gasbombe wurde aber noch rechtzeitig als amerikanisches Modell identifiziert, so dass Vergeltungsschläge mit Giftgas gegen die deutschen Truppen unterblieben.[36]
  • Am 8. April 1945 griffen amerikanische Jagdbomber den Bahnhof Lossa (zwischen Sömmerda und Naumburg) an. Dabei wurden einige mit Tabun gefüllte Bomben beschädigt, die im Rahmen der Verlagerung eines Luftwaffen-Munitionslagers während ihres Transportes dort standen. Genaue Verluste sind nicht bekannt geworden.

Im nationalsozialistischen Deutschen Reich wurde im Dezember 1936 bei I.G. Farben im Werk Leverkusen durch den Chemiker Gerhard Schrader der Nervenkampfstoff Tabun entdeckt. Im Dezember 1939 synthetisierte er den in seiner Wirkung noch stärkeren Giftstoff Sarin. Ab Frühjahr 1942 produzierte I.G. Farben in ihrem Werk in Dyhernfurth in Schlesien Tabun. 1944 entdeckte der Nobelpreisträger Richard Kuhn mit seinem Mitarbeiter, Konrad Henkel, den Kampfstoff Soman in einer vom Heereswaffenamt unterhaltenen Abteilung des Kaiser-Wilhelm-Instituts für medizinische Forschung in Heidelberg. Diese Nervengifte wurden aufgrund der Furcht vor einem Gegenschlag nicht eingesetzt. Da sie in gasförmiger Zubereitung – oft als Aerosol – eingesetzt werden sollten, werden diese Stoffe auch als Nervengase bezeichnet.[37]

Deutschland hatte Ende der dreißiger Jahre als erste Nation die großtechnische (industrielle) Produktion von Nervenkampfstoffen entwickelt, war also als einzige Kriegspartei zur Herstellung von Nervenkampfstoffen im Kilogramm- und Tonnenbereich in der Lage. Dieser Umstand, gekoppelt mit der Verfügbarkeit modernster Trägersysteme wie der V-2, hätte die politische Führung in die Lage versetzt, einen strategischen Gaskrieg zu entfesseln, der unter Umständen von der Tragweite her ähnlich gravierend hätte sein können wie die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki. Die verantwortliche Führung des deutschen Kampfgasentwicklungsprogramms verheimlichte Hitler gegenüber bewusst die tatsächlichen Möglichkeiten, denn eine Eskalation zum Gaskrieg wurde befürchtet, falls Hitler klar werden sollte, welche Wirkung beispielsweise ein mit Tabungefechtsköpfen bestückter V-2-Angriff auf London hätte haben können. Für den taktischen Einsatz waren bereits als Träger Werferwaffen (sog. Nebelwerfer) hergestellt und die entsprechenden Truppen (Nebeltruppe) geschult worden. Die oft geäußerte Vermutung, dass die Erfahrungen Hitlers im Ersten Weltkrieg ihn davon abgehalten haben sollen, chemische Kampfstoffe einsetzen zu lassen, entbehrt jeder Grundlage, da er selbst die Produktion dieser befahl und die Vorbereitungen für den Beginn eines Gaskrieges anordnete.[38] Die Gründe dafür, dass die ab 1942 in großem Umfang produzierten Nervenkampfstoffe nicht zum Einsatz kamen, waren größtenteils logistischer (Rohstoffknappheit) und militärstrategischer Art. Ebenfalls von Bedeutung waren sowohl die deutsche Fehleinschätzung, die Alliierten würden ebenfalls über Nervenkampfstoffe verfügen, als auch die alliierte Androhung massiver Gegenschläge im Falle eines deutschen Ersteinsatzes chemischer Kampfstoffe.[39] In einer Besprechung am 15. Mai 1943 im Führerhauptquartier hatte der Chemiker Otto Ambros erklärt, dass Tabun seit 1902 in der Literatur behandelt werde und Sarin sogar patentiert sei, und die Substanzen in den Patentschriften stünden. Daher sei er überzeugt, dass andere Länder diese Gase nicht nur rasch nachmachen können, sondern auch in weitaus größeren Mengen produzieren können.[40]

In den Gaskammern der deutschen Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau, Belzec, Sobibor, Mauthausen, Treblinka und Lublin-Majdanek wurden viele Opfer des Holocaust mit dem blausäurehaltigen Insektizid Zyklon B und in Gaswagen mit Motorabgasen (Kohlenstoffmonoxid) ermordet.[41]

Nach 1945[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ausbringen von Entlaubungsmitteln im Zuge der Operation Ranch Hand durch drei UC-123B während des Vietnamkrieges

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden umfangreiche deutsche Bestände – zwischen 30.000 und 40.000 Tonnen chemischer Waffen[42] – in der Nord- und Ostsee in der von US-amerikanischen Streitkräften geleiteten Operation Davy Jones’ Locker mitsamt ihren Transportschiffen versenkt, so vor der norwegischen Hafenstadt Arendal 1946. Die Versenkung der Schiffe erfolgte durch Sprengung oder Beschuss durch Bordwaffen begleitender britischer Kriegsschiffe. 1955/56 wurden Restbestände, die von der Royal Air Force gebunkert worden waren, in der Operation Sandcastle nordwestlich von Irland im Atlantik versenkt, so auch die SS Kotka. Von 1944 bis 1970 wurden von Seiten der United States Army in 26 so genannten Versenkungszonen (dump zones) an der Ostküste der USA chemische Kampfstoffe versenkt, von denen aufgrund mangelnder oder unzureichender Dokumentation unklar ist, wo sie sich exakt befinden und welche Chemikalien in welcher Menge dort lagern.

Gesichert ist, dass Ägypten chemische Waffen im Jemen eingesetzt hat. Die Technologie dazu stammte aus der Sowjetunion, welche diese auch an andere mit ihr verbündete Staaten des Nahen Ostens – wie dem Irak – weitergegeben hatte.

Während anfangs von Frankreich und den USA noch konventionelle Brandbomben wie Napalm gegen die Nordvietnamesen und die FNL verwendet wurden, startete die Regierung Kennedy 1961 den systematischen Einsatz von Chemikalien gegen Nordvietnam. Die im Zuge der Operation Ranch Hand als Entlaubungsmittel eingesetzten Herbizide (vor allem Agent Orange) sollten dem Gegner die Deckung durch die Vegetation nehmen sowie seine Ernte vernichten. Agent Orange war mit 2,3,7,8-Tetrachlordibenzodioxin verunreinigt und verursachte dadurch schwere gesundheitliche Schäden unter der Bevölkerung und den Soldaten beider Seiten.

Erste Verhandlungen zu einem Chemiewaffenübereinkommen (CWÜ, auch Chemiewaffenkonvention genannt) begannen 1968 mit der Working Group on Chemical Weapons bei der Eighteen Nations Conference on Disarmament (ENCD) der UN in Genf, die seit 1962 bestand. 1969 nahm eine Conference of the Committee on Disarmament of the UN (CCD) ihre Tätigkeit auf. Der angebliche Einsatz von Sarin gegen eigene Kräfte (Deserteure) in der Operation Tailwind im September 1970 in Laos entpuppte sich als politisch motivierte Falschmeldung. 1975 gab es 30 Teilnehmerstaaten für ein CWÜ; darunter waren auch die Bundesrepublik und die DDR. 1976 fanden bilaterale Verhandlungen von USA und UdSSR statt. Die Verhandlungen wurden im selben Jahr unterbrochen. Erst 1979 einigten sich die USA und UdSSR weitgehend über die Grundstruktur des Vertrags und weitgehend auch über Verifikationsmaßnahmen; ungelöst blieb aber die Frage von Ad-hoc-Verdachtskontrollen vor Ort. 1979 gab es ein Committee on Disarmament of the United Nations (CD); es hatte 40 Teilnehmerstaaten.[43] 1980 bildete sich ein Ad Hoc Committee on Chemical Weapons.[43]

1981 beschuldigte der US-amerikanische Außenminister Alexander Haig die UdSSR und die von ihr unterstützte Vietnamesische Volksarmee, im Zweiten Laotischen Bürgerkrieg (1963–73) Mykotoxine eingesetzt zu haben, um Tausende von Hmong zu töten.[44] Diese Vorwürfe konnten nicht bewiesen werden.[45]

Ende der 1980er Jahre erkannte das US-Militär, dass die bisherigen, lange gelagerten Chemiewaffen bis spätestens 1990 zum Großteil zersetzt und damit militärisch unbrauchbar sein würden; daher unterschrieb Präsident Ronald Reagan 1987 ein Gesetz, um die alten chemischen Kampfstoffe zu zerstören und gegen neue, binäre Kampfstoffe zu ersetzen.[46] Bei diesen wird nicht der endgültige und wirksame chemische Kampfstoff bereitgehalten, sondern verschiedene, stabilere und weniger korrosive Komponenten, die beim Einsatz der binären Waffen dann erst zum Wirkstoff reagieren.

Chemiewaffenübereinkommen (1992/1997)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem Ende des Kalten Krieges um 1990 änderte sich die geostrategische Lage deutlich. Es kam zu zahlreichen Abrüstungsverhandlungen zwischen westlichen Staaten und Nachfolgestaaten der Sowjetunion. Chemische Waffen (oft lagerten sie in inzwischen rostigen Tanks) galten vielen inzwischen als Altlast.

Schon Ende der 1980er Jahre verkündete der sowjetische Präsident Michail Gorbatschow auf Chemiewaffen künftig zu verzichten und diese vernichten zu wollen und lud 1987 internationale Beobachter in bis dahin geheime Chemiewaffenlabore ein.[47] Schon 1990 kam es zu einem bilateralen Abkommen mit den USA (Chemiewaffenabkommen) über die Vernichtung von Chemiewaffen.

Am 3. September 1992 wurde das CWÜ von den Mitgliedstaaten der Genfer Abrüstungskonferenz (UNCD) verabschiedet. Seit 13. Januar 1993 kann es unterzeichnet werden.[48] Eine Unterzeichnung erfolgte durch etwa 150 Staaten, darunter USA und Russland.[43]

Deutschland hat die Konvention 1994 ratifiziert, Österreich und die Schweiz 1995.

Am 29. April 1997 trat das Chemiewaffenübereinkommen in Kraft. 1997 erfolgte die Ratifizierung auch durch die USA und Russland.[43] Die ratifizierenden Staaten haben sich durch das CWÜ unter anderem dazu verpflichtet, bis zum Jahr 2012 sämtliche Chemiewaffen unter internationaler Aufsicht zu vernichten.

Stand Juni 2018 sind 193 Staaten der Konvention beigetreten. Als jüngstes Ratifizierungsland ist Palästina der Konvention am 16. Juni 2018 beigetreten.[49] Im Januar 1993 unterzeichnet, aber bis heute noch nicht ratifiziert wurde der Vertrag von Israel und Myanmar. Vier Staaten haben die Konvention bisher weder unterzeichnet noch ratifiziert: Ägypten, Angola, Nordkorea und Südsudan.[50] Die Einhaltung des Abkommens wird durch die Organisation für das Verbot chemischer Waffen, OVCW (englisch Organisation for the Prohibition of Chemical Weapons, OPCW) überwacht. Die OVCW ist eine internationale Organisation mit Sitz in Den Haag.[51]

Erster Golfkrieg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Iranischer Soldat mit Gasmaske

Schon zu Beginn des Ersten Golfkriegs setzte die irakische Armee auf Weisung Saddam Husseins chemische Waffen gegen den Iran ein. So warf die irakische Luftwaffe bereits 1980 speziell dafür entwickelte Kanister mit chemischen Kampfstoffen über iranischen Stellungen ab.[52] Bekanntheit erlangte der Giftgasangriff auf die Fernverkehrsstraße am 9. August 1983 Rawanduz–Piranschahr.[53]

Insgesamt wurden etwa 100.000 iranische Soldaten Opfer von Gasangriffen. Viele davon wurden durch Senfgas, das von einer mit deutscher Unterstützung gebauten Insektizid-Fabrik in Samarra in größerem Maße ab 1983 hergestellt wurde,[54] verwundet. Etwa 20.000 davon wurden während des Einsatzes sofort hauptsächlich durch die Nervenkampfstoffe Tabun und VX getötet. Diese Zahlen schließen allerdings keine Zivilisten ein. Da Giftgas während der Kämpfe auch auf Stellungen und Posten abgeworfen wurde, die sich in oder um Dörfer befanden und deren Einwohner keine Möglichkeit hatten, sich gegen die Gase zu schützen, gab es auch unter der Zivilbevölkerung sehr viele Opfer. Außerdem wurden durch den Einsatz verschiedener Gase Gebiete mit gefährlichen chemischen Schadstoffen kontaminiert.[55][56]

Der Irak setzte chemische Waffen auch gezielt ein, um Zivilisten zu töten. Tausende wurden bei Giftgasangriffen auf Dörfer, Städte und Frontkrankenhäuser getötet, so auch beim Giftgasangriff auf Sardasht vom 28. Juni 1987. Bekanntestes Beispiel ist der Giftgasangriff auf Halabdscha am 16. März 1988, bei dem etwa 5.000 irakische Kurden getötet und 7.000 bis 10.000 so schwer verletzt wurden, dass viele von ihnen später starben. Die irakischen Streitkräfte setzten mehrere verschiedene Gase gleichzeitig ein. Dazu gehören Nervenkampfstoffe wie Tabun, Sarin und möglicherweise VX, aber auch Senfgas und ein Cyanidkampfstoff.[57]

Im Rahmen der Vorbereitung auf den Ersten und Zweiten Irakkrieg kam es zu Auseinandersetzungen zwischen den USA und Deutschland über die Herkunft der irakischen Chemiewaffentechnologie.

Terrorismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1995 kam es beim Terror-Anschlag der japanischen Aum-Sekte zur Freisetzung des Nervengifts Sarin in der U-Bahn von Tokyo. Es gab 13 Tote und 6.252 Verletzte. Ein früherer Anschlag der Sekte mit 7 Toten und 500 Verletzten wurde erst im Nachhinein bekannt.

Im Oktober 2002 verwendeten russische Sicherheitskräfte in Moskau vermutlich das Opioid Carfentanyl und das Anästhetikum Halothan in Form eines Aerosol-Gas-Gemischs, um Terroristen kampfunfähig zu machen, die während der Geiselnahme im Moskauer Dubrowka-Theater 800 Menschen gefangen hielten. Alle Geiselnehmer und über 129 Geiseln kamen ums Leben, die meisten aufgrund des Gases. Viele erlagen im Krankenhaus ihren Vergiftungen, wozu möglicherweise auch die fehlende Zusammenarbeit der Sicherheitskräfte mit den Ärzten beigetragen hat. Der Einsatz von Carfentanyl wurde offiziell nie bestätigt, möglicherweise im Hinblick auf die von Russland ratifizierte Chemiewaffenkonvention.

Während des Irakkrieges setzte eine Terrororganisation, bei der es sich Berichten zufolge um die al-Qaida handelte,[58][59] chemische Waffen hauptsächlich gegen Zivilisten ein, aber auch gegen US-Soldaten und irakische Soldaten und Polizisten. Bei dem eingesetzten Gas handelte es sich um Chlorgas. Da die Anschläge alle unter freiem Himmel durchgeführt wurden, war die Zahl der Todesopfer meistens gering, die Zahl der Verletzten betrug jedoch oft mehrere hundert. Zu den am meisten wahrgenommenen Giftgasanschlägen im Irak zählen der Anschlag auf eine Polizeiwache am 6. April 2007 mit 27 Toten[60] und der Anschlag auf einen Dorfmarkt in Abu Sayda am 15. Mai 2007 mit 45 Toten.[61]

Bürgerkrieg Syrien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Umland von Damaskus sind laut Chemiewaffeninspektoren der UNO in mehreren Dörfern Kampfmittel mit Sarin zum Einsatz gekommen. Der mögliche Einsatz von chemischen Waffen in drei weiteren Orten (Chan al-Asal und Scheich Maksud in der Provinz Aleppo sowie Sarakib, einer Kleinstadt nahe der Provinzhauptstadt Idlib,[62]) soll untersucht werden.

Ein Untersuchungsbericht der Vereinten Nationen meldete im August 2016, man könne die Nutzung der weltweit geächteten Massenvernichtungswaffen in drei Fällen eindeutig belegen und zuordnen. In zwei Fällen habe die syrische Armee die Giftbomben abgeworfen, in einem Fall die Miliz Islamischer Staat (IS). Diese Fälle waren der Einsatz von Chlorgas und eventuell anderer giftiger Substanzen, die am 21. April 2014 und am 16. März 2015 in zwei Dörfern in der nordwestlichen Provinz Idlib aus Hubschraubern der syrischen Luftwaffe abgeworfen wurden. Die IS-Miliz verwendete am 21. August 2015 im Ort Marea nahe Aleppo Senfgas.[63]

Vernichtung (bis 2023)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nachdem die USA von allen Mitgliedsstaaten der Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OPCW) als Letzte ihre Bestände von Chemiewaffen bis zum Jahr 2023 vernichtet hatten, gab die OPCW bekannt, dass damit alle weltweit deklarierten chemischen Waffen irreversibel zerstört wurden. Vier Staaten, nämlich Nordkorea, Ägypten, Südsudan und Israel, machen keine Angaben über ihre Bestände, da sie nicht Teil der Konvention zum Verbot von Chemiewaffen sind.[64]

Chemische Waffen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Chemische Kampfmittel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

155-mm-Senfgasgranaten der US-Armee

Als chemische Kampfmittel bezeichnet man jede Art von Gegenständen (Munition, Schweltöpfe, aber auch im strengen Sinne z. B. einfache Flaschen), die es ermöglichen, einen chemischen Kampfstoff zu transportieren. Sie lassen sich nach ihrem Angriffsgebiet am menschlichen Körper beziehungsweise ihrer Wirkung einordnen. Eine Grenzziehung zwischen den einzelnen Gruppen ist dabei aber nicht immer eindeutig möglich. Auch ist bei manchen dieser Gruppen bereits die bloße Zuordnung zu den chemischen Kampfstoffen umstritten. Detaillierte Übersichtsarbeiten wurden von V. Pitschmann und von K. Ganesan u. a. vorgelegt.[65][66]

Die chemischen Kampfmittel an sich werden in folgende Kategorien unterteilt:

  • Chemische Kampfstoffe im klassischen Sinn: Lungenkampfstoffe, Blutkampfstoffe, Hautkampfstoffe, Nervenkampfstoffe, Psychokampfstoffe.
  • Reizstoffe: Reizen die Augen oder die Atemwege. Ein Beispiel ist das CS-Gas, das von der Polizei und zur Selbstverteidigung eingesetzt wird. Reizstoffe unterscheiden sich von anderen Hautkampfstoffen durch ihre weniger starke Wirkung. In sehr hohen Dosen oder bei empfindlichen Personen (z. B. Asthmapatienten) können die so genannten „Tränengase“ ebenfalls zu Hautreizungen, Atemnot oder Augen- und Lungenschäden führen und in ausreichender Konzentration tödlich sein. Ein weiteres Beispiel sind sogenannte Maskenbrecher. Sie führen zu Übelkeit und sollten ihre Opfer dazu bringen, ihre Atemschutzmasken abzunehmen. Meist wurden diese Substanzen mit anderen chemischen Kampfstoffen in Kombination eingesetzt, um deren toxische Wirkung voll zum Einsatz zu bringen.
  • Nebelkampfstoffe: Diese Stoffe erzeugen in der Luft dichte, undurchdringliche Nebelschwaden und sollen somit dem Gegner die Sicht nehmen. In diese Kategorie fallen z. B. Rauchgranaten.

Chemische Kampfstoffe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die chemischen Kampfstoffe im klassischen Sinn können erneut in verschiedene Kampfstoffklassen unterteilt werden, je nach Art und Ort ihrer Wirkung:

  • Lungenkampfstoffe: Greifen direkt die Lunge an. Dadurch wird die Sauerstoffzufuhr des Körpers unterbrochen, was zum Tode führt. Darunter fallen zum Beispiel Chlor, Phosgen, Diphosgen (Perstoff) und Chlorpikrin.
  • Blutkampfstoffe: Auch hier wird die Sauerstoffzufuhr des Körpers blockiert. Allerdings wird bei diesen Kampfstoffen die Zellatmung oder das Blut angegriffen, das den Sauerstoff zu den einzelnen Organen transportiert. Darunter fallen unter anderem Cyanwasserstoff, Arsenwasserstoff und Chlorcyan.
Kanadischer Soldat mit Senfgas-Verbrennung während des Ersten Weltkrieges

Viele chemische Kampfstoffe werden bevorzugt als Binärkampfstoffe eingesetzt, etwa die Nervenkampfstoffe Sarin, Soman und VX. Dabei werden zwei oder mehr im Vergleich zum Endstoff relativ ungefährliche Substanzen voneinander getrennt in einem Geschoss gelagert. Der eigentliche Kampfstoff entsteht erst nach dem Abschuss meist durch einfaches Vermischen der Komponenten, teilweise unter Zuhilfenahme eines geeigneten Reaktionsbeschleunigers. Vorteile sind die relativ gefahrlose Lagerung und Handhabung, da die verwendeten Chemikalien meist weniger giftig sowie besser lagerfähig als die Kampfstoffe selbst sind, das heißt, es tritt keine oder nur geringe Zersetzung der Chemikalien oder Korrosion der Geschosse auf.[68]

Modernes Einsatzkonzept[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Einsatz von chemischen Waffen erfolgt in der Regel massiv und überraschend um möglichen Schutzmaßnahmen zuvorzukommen.[69] Ein Einsatz ist lohnend, wenn mit minimalem Aufwand große Verluste erzielt werden können, wenn der Einsatz militärische Operationen erleichtert oder beschleunigt und wenn mangelnde Ausbildung und Schutzausrüstung einen Einsatz wirkungsvoll machen.[70] So ist auch ein Einsatz als Terrorwaffe gegen zivile Infrastruktur denkbar. Der Einsatz von chemischen Waffen soll im Zielgebiet Verluste von mindestens 30–50 % verursachen, kritische Funktionen verlangsamen oder verunmöglichen und/oder die Nutzung von Gelände und Einrichtungen wie Flughäfen oder Seehäfen als verkehrstechnische Einrichtungen längerfristig unmöglich machen, ohne diese wie bei atomaren Einsatzmitteln zu zerstören. Eine Entgiftung ist aufwendig und zeitintensiv.[70]

Im Gegensatz zu den frühen Kampfstoffen, die gasförmig waren, werden heute überwiegend flüssige Kampfstoffe (selten auch Feststoffe) verwendet. Diese werden als Aerosol eingesetzt. Man unterscheidet hierbei nach der Tropfengröße zwischen den zwei Einsatzarten flüchtig und sesshaft, je nach gewünschter Dauer der Sperrung von Gelände oder Einrichtungen.[71]

Einsatz flüchtig[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Beim flüchtigen Einsatz werden sehr kleine Tropfen verwendet, die größtenteils augenblicklich verdampfen, so dass sehr schnell eine hohe Konzentration des Kampfstoffes wirksam werden kann (50 % als Dampf und 50 % als Feinaerosol).[71] Dabei besteht die Gefahr der Kampfstoffausbreitung in der Windrichtung. Generell wird der flüchtige Einsatz zur Unterstützung von militärischen Operationen eingesetzt, was aber einen Einsatz gegen die Zivilbevölkerung nicht ausschließt. Die Belegungsdichte wird so gewählt, dass ein Atemzug in den meisten Fällen tödliche Mengen des Kampfstoffes enthält. Durch die rasche Verdampfung sollte das Gebiet nach maximal vier Stunden wieder ohne Schutzausrüstung passierbar sein. Ziel des Angriffes ist es, den Gegner im angegriffenen Gebiet stark zu schwächen, um das Durchbrechen feindlicher Linien zu erleichtern, jedoch ohne die eigenen Truppen durch Schutzanzüge zu behindern. Am besten für einen flüchtigen Einsatz geeignet sind die Kampfstoffe Sarin, Soman und Tabun (zusammengefasst unter dem Begriff G-Stoffe oder Trilone) sowie Blausäure.[71] Letztere stellt eine Ausnahme dar, da sie äußerst leichtflüchtig und schon nach wenigen Minuten nicht mehr nachzuweisen ist (maximal 15 Minuten); man spricht hierbei von einem superflüchtigen Kampfstoff. Allerdings erfordert Blausäure einen sehr großen Munitionsaufwand, um die nötige Kampfstoffkonzentration im Zielgebiet zu erreichen. Wahrscheinlichste Einsatzmittel für den flüchtigen Einsatz sind Mehrfachraketenwerfer, Fliegerbomben und Streubomben, da diese eine sehr hohe Belegungsdichte ermöglichen.

Einsatz sesshaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Beim sesshaften Einsatz werden vergleichsweise große Tropfen (0,1 mm bis 1 mm Durchmesser) eingesetzt.[71] Aufgrund der Größe fallen die Tropfen schneller, die Dampfkonzentration ist wesentlich geringer (20 % Dampf, 80 % Tropfen), und ein Großteil des Kampfstoffes erreicht den Boden, wo er je nach Art des Kampfstoffes und der Witterung bis zu mehreren Wochen verbleiben kann.[71] Ziel des Angriffes ist nicht die unmittelbare Vernichtung des Feindes, sondern die Einschränkung seiner Handlungsfreiheit. Schutz- und Dekontaminationsmaßnahmen kosten Zeit, kontaminiertes Gebiet ist nur mühsam zu durchqueren, und die Moral der Truppe leidet erheblich. Des Weiteren müssen kontaminierte Truppenteile evakuiert und ersetzt werden, bevor die Schutzanzüge gesättigt sind (normalerweise nach spätestens 12 Stunden). Die wahrscheinlichsten Ziele sind gegnerische Flankenstellungen (um deren Gegenangriff zu erschweren oder zu verhindern), Artilleriestellungen (Ausschalten der Feuerunterstützung), Kommandostände, taktische Reserven und Nachschubwege. Am besten für diese Einsatzart geeignet sind Loste (Senfgas/Yperit) und V-Stoffe (namentlich VX).[71] Die möglichen Einsatzmittel sind vielfältig, da nicht auf die Belegungsdichte geachtet werden muss (Artillerie, Bomben, Kampfflugzeuge, Raketen, Marschflugkörper etc.). Eine Sonderform des sesshaften Einsatzes ist der Einsatz verdickter Kampfstoffe: Dem Kampfstoff werden hierbei Verdickungsmittel beigemischt, um dessen Viskosität und damit die Tropfengröße weiter zu erhöhen. Die Kampfstoffe erhalten dadurch eine honig- bis gummiartige Konsistenz.[72] Dies führt wiederum zu einer geringeren Verdunstungsrate und damit größerer Sesshaftigkeit. Solche Kampfstoffe haben eine große Haftwirkung und können nur langsam in poröse Materialien eindringen.[72] An geeigneten Stellen können verdickte Kampfstoffe wochenlang wirksam bleiben. Des Weiteren wird die Dekontamination stark erschwert.[72] Hauptziele sind z. B. Flugplätze, um deren Benutzung langfristig zu unterbinden.

Einsatzmittel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Obwohl die Vereinigten Staaten sowie Russland ihre Bestände an chemischen Waffen vernichtet haben sollen, sind die Technologien zum Ausbringen von Kampfstoffen weltweit bekannt und zum Teil auch verfügbar.[73][70] Für chemische Kampfstoffe sind keine besondere Einsatzmittel nötig; es können Artilleriegeschütze, Raketenwerfer, ballistische Raketen, Lenkwaffen und Flugzeuge verwendet werden.[74] Das Abblasen von chemischen Kampfstoffen aus Druckflaschen wie im Ersten Weltkrieg gilt heute als obsolet.

Artilleriegeschütze[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seit dem Ersten Weltkrieg werden Mörser und Artilleriegeschütze als Einsatzmittel für chemische Kampfstoffe verwendet.[69] Moderne Artilleriegeschütze erreichen bei einer Kadenz von 3–6 Schuss/Minute Schussdistanzen von 30–40 km. Mit Artilleriegeschützen kann zudem ein rascher Zielwechsel mit einer hohen Treffergenauigkeit erfolgen.[69] Weiter können mit der Artillerie sowohl Einzel- wie auch Flächenziele bekämpft werden. In Abhängigkeit zum verwendeten Kaliber fasst ein Artilleriegeschoss 2–5 kg Kampfstoff. So war z. B. das 155 mm NATO-Geschoss M122 mit 2,9 kg Sarin befüllt.

Mehrfachraketenwerfer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mehrfachraketenwerfer eignen sich besonders gut als Einsatzmittel für chemische Kampfstoffe. Mit ihnen wird im Zielgebiet innerhalb kurzer Zeit eine sehr hohe Belegungsdichte mit einer hohen Kampfstoffkonzentration erzielt.[74] Moderne Mehrfachraketenwerfer erreichen bei einer Kadenz von 30–50 Schuss/Minute Schussdistanzen von 20–70 km. In Abhängigkeit zum verwendeten Kaliber fasst eine Artillerierakete 2–25 kg Kampfstoff. So war z. B. der 9N519-Sprengkopf der 220 mm Rakete 9M27 für den sowjetischen Mehrfachraketenwerfer 9P140 Uragan mit 20 kg Soman befüllt.[75] Eine Batterie mit vier Uragan-Werfern deckt mit insgesamt 64 Raketen eine Zielfläche von 650 × 650 m ein. Auf dieser Fläche werden so innerhalb von rund 20 Sekunden 1280 kg Nervenkampfstoff freigesetzt.

Ballistische Raketen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ballistische Raketen eignen sich zur Bekämpfung von Zielen weit hinter der Frontlinie wie z. B. Flugplätze, Nachschubdepots, Flugabwehrstellungen sowie militärische und zivile Infrastruktur.[69] Solche Ziele werden mit Kurz- und Mittelstreckenraketen mit einer Reichweite von 50–1000 km bekämpft. Vorzugsweise erfolgt der Einsatz mit sesshaften Kampfstoffen, um die Zielgebiete für längere Zeit (Tage bis Wochen) zu verseuchen.[69] Um den chemischen Kampfstoff effektiv im Zielgebiet zu verteilen, erfolgt die Detonation des Raketengefechtskopfes in der Regel durch Luftzündung einige 100 m über Zielgebiet.[69] So werden aus dem flüssigen Kampfstoff Tropfen und Aerosole gebildet, welche sich in Abhängigkeit von Windgeschwindigkeit und -richtung über dem Zielgebiet verteilten. Die sowjetische Kurzstreckenrakete 9K72 Elbrus (NATO-Codename: SS-1c Scud-B) konnte einen Gefechtskopf mit 555 kg verdicktem VX über eine Distanz von 300 km ins Ziel bringen; durch Luftzündung verteilte sich der flüssige Kampfstoff über ein Gebiet von 0,6 × 4,0 km.[76]

Weiter eignen sich ballistische Raketen auch zur Beladung mit Streumunition.[69] Zum Beispiel konnte die US-amerikanische Kurzstreckenrakete MGM-52 Lance mit dem E27-Gefechtskopf für chemische Streumunition bestückt werden. Dieser Gefechtskopf fasste 1137 M139-Bomblets mit je 0,58 kg Sarin. Die Bomblets wurden in einer vorselektierten Höhe über dem Ziel ausgestoßen und gingen daraufhin in einem kreisförmigen Gebiet mit einem Radius von 200–250 m nieder.

Kampfflugzeuge[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kampfflugzeuge eignen sich besonders für massive und überraschende Angriffe mit chemischen Kampfstoffen.[69] Kampfflugzeuge können diese in einem Radius von mehreren 100 km, mit hoher Geschwindigkeit in verschiedenen Flughöhen zum Einsatz bringen. Die mitgeführte Kampfstoffmenge steht in Abhängigkeit zur Beladung des Kampfflugzeuges. Die Kampfstoffe können mit Fliegerbomben, Streubomben, Raketen oder durch versprühen ins Ziel gebracht werden.

Fliegerbomben mit chemischen Kampfstoffen sind sehr flexibel einsetzbar;[69] sie können sowohl aus großer Höhe wie auch aus dem Tiefflug abgeworfen werden. Chemische Kampfstoffe können ebenso in Splitterbomben gefüllt werden, was zu einer kombinierten Wirkungsweise führt.[69] Ein solches Beispiel stellt die sowjetische Fliegerbombe ChAB-500 (9A1-483) dar: Bei einem Gesamtgewicht von rund 300 kg enthielt diese Bombe 175 kg der Kampfstoffmischung HL (russische Bezeichnung RK-7), welche aus Schwefellost und Lewisit bestand. Bei der Detonation erzeugte sie neben dem Kampfstoffaerosol auch eine große Anzahl Stahlsplitter, welche mit hoher Energie freisetzt wurden.[76] Kampfstofftanks, z. B. Abwurfbehälter, wie sie auch für Napalm verwendet werden, können ebenso mit chemischen Kampfstoffen befüllt werden.[69] Diese Tanks zerplatzen beim Aufschlag auf der Erdoberfläche und der Kampfstoff wird verspritzt. Gegenüber Fliegerbomben mit einer Spreng- oder Zerlegladung wird in diesem Fall der Kampfstoff nur wenig verteilt (kein Aerosol, wenige Tropfen), und die Wirkung beschränkt sich auf ein sehr kleines Gebiet. Solche Kampfstofftanks setzte der Irak während des Ersten Golfkriegs ein.

Streubomben und Streumunitionsbehälter eignen sich zum Ausbringen von chemischen Kampfstoffen aus mittlerer Flughöhe wie aus dem Tiefflug.[69] Mit Streumunition wird in einem großen Zielgebiet innerhalb kurzer Zeit eine sehr hohe Belegungsdichte mit einer hohen Kampfstoffkonzentration erzielt.[69] Die United States Air Force hatte in den 1970er-Jahren den Streumunitionsbehälter CBU-15 im Bestand. Bei einem Gesamtgewicht von rund 340 kg war dieser mit 40 BLU-19-Bomblets beladen, die je 1,8 kg Sarin enthielten. Die Bomblets konnten sowohl im Reihenwurf oder auch alle zeitgleich abgeworfen werden. Die F-4 Phantom II konnte z. B. vier CBU-15-Behälter transportieren.

Sprühtanks für chemische Kampfstoffe eignen sich zum Ausbringen von chemischen Kampfstoffen aus mittlerer Flughöhe wie aus dem Tiefflug.[69] Der flüssige Kampfstoff wird so primär als Aerosol über ein großes Gebiet verteilt. Die Sowjetunion hatte unter anderem den Sprühtank WAP-1000 (BATT) im Bestand, welcher 700 kg Cyanwasserstoff fasste.[76] Dagegen besaßen die USA den Sprühtank TMU-28, welcher mit 595 kg VX befüllt war. Beide Sprühtanks konnten im Tiefflug und bei hoher Geschwindigkeit eingesetzt werden. Sprüheinsätze von Kampfstoffen in Form von Agrarflugzeugen sowie das Abregnen aus großer Flughöhe gelten heute als überholt.

Marschflugkörper[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Während des Kalten Krieges wurden Gefechtsköpfe für Marschflugkörper zum Ausbringen von Kampfstoffen entwickelt. Die Sowjetunion hatte z. B. für Marschflugkörper Ch-22 den 9-A-3261-Gefechtskopf entwickelt. Dieser war mit 572 kg VX (russische Bezeichnung R-33) beladen.[69][77]

Antipersonenminen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Antipersonenminen mit chemischen Kampfstoffen werden zum anhaltenden Sperren von Geländeabschnitten, auf dem Rückzug sowie bei Verzögerungsgefechten eingesetzt.[69] Während des Kalten Krieges hatten sowohl die Sowjetunion wie auch die Vereinigten Staaten Antipersonenminen mit chemischen Kampfstoffen in ihren Arsenalen. Die Sowjetunion hatte unter anderem die Kampfstoffmine ChF-2 mit der Kampfstoffmischung HL (Schwefellost und Lewisit) im Bestand. In den Vereinigten Staaten war dies die Mine M23. Diese wog 10,3 kg und hatte eine 0,37 kg wiegende Sprengstoffladung. Als Kampfstoff wurden 4,8 kg VX verwendet.

Einfluss von Landform, Wetter und Vegetation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Landform, das Wetter sowie die Vegetation haben einen entscheidenden Einfluss auf Ausbreitung, Wirksamkeit und Wirkungsdauer von chemischen Kampfstoffen.[72]

Landform und Vegetation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Berg- und Talwind-Zirkulationen sowie das Land-See-Windsystem können die Ausbreitung von Kampfstoffwolken beeinflussen.[72] In Senken und Tälern können sich Kampstoffwolken ansammeln und ihre Wirksamkeit länger beibehalten. Weiters beeinflusst auch die Vegetation die Wirkungsweise und -dauer von chemischen Kampfstoffen:[72] Gelände mit niedriger Vegetation (Weide, Gras) kann nach einem Einsatz flüchtig, in der Regel nach 12–24 Stunden ohne große Gefahr wieder betreten werden; bei hoher und üppiger Vegetation (Felder, Hecken, Unterholz) bleiben chemische Kampfstoffe wesentlich länger wirksam. Auch in Wäldern und in überbauten Gebieten (Dörfer, Städte) behalten chemische Kampfstoffe wesentlich länger ihre Wirksamkeit bei.[72]

Wetter[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Temperatur, Wind und Sonnenstrahlung haben entscheidenden Einfluss auf Ausbreitung, Wirksamkeit und Wirkungsdauer von chemischen Kampfstoffen.[78] Bei hohen Temperaturen verdampft insbesondere der sesshaft eingesetzte Kampfstoff rascher. So tendierten die während des Ersten Golfkriegs eingesetzten Lost-Kampfstoffe bei den dortigen hohen Temperaturen zum raschen Verdampfen. Diese vermehrten Dämpfe führten entsprechend bei den Opfern zu einer überaus starken Schädigung der Hautoberflächen sowie der Atemwege. Dagegen können sehr tiefe Temperaturen zu einem Verfestigen des flüssigen Kampfstoffes führen. Hohe Windgeschwindigkeiten verdünnen die Kampfstoffwolke schneller, niedrige Windgeschwindigkeiten verteilen den Kampfstoff hingegen zu wenig und zu langsam. Ideal ist eine Windgeschwindigkeit von 5–20 km/h.[78] Durch Sonneneinstrahlung können Aufwinde entstehen, die eine Kampfstoffwolke zu rasch verdünnen. Dagegen können bei geringer oder fehlender Sonneneinstrahlung nur schwache Aufwinde entstehen, was die Wirksamkeit einer Kampfstoffwolke verbessert. Regen kann flüssigen Kampfstoff in den Boden schwemmen, wobei der Kampfstoff weiterhin wirksam bleibt. Die idealen Verhältnisse für den Einsatz von chemischen Kampfstoffen in Mitteleuropa herrschen während klaren Nächten, kurz vor Sonnenuntergang oder kurz vor Sonnenaufgang.[78]

Internationale Ächtung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seit 1997 sind chemische Waffen durch die Chemiewaffenkonvention international offiziell geächtet; auch die Entwicklung, Herstellung und Lagerung sind verboten.

Vernichtung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Albanien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein sowjetischer Chemiewaffenkanister aus albanischen Beständen, 2006

Mitte Juli 2007 wurde mitgeteilt, dass Albanien als weltweit erster Staat seine sämtlichen Bestände an chemischen Waffen nachweislich vernichtet hat. Die Finanzierung des Projektes erfolgte mit insgesamt 48 Millionen US-Dollar. Die Vernichtung der Kampfstoffe Schwefellost, Lewisit, Adamsit und Chloracetophenon dauerte von Februar bis Juli 2007.[79]

Deutschland[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Deutschland wurden chemische Kampfstoffe im Zweiten Weltkrieg unter anderem bei der Firma ORGACID in Ammendorf und in beiden Weltkriegen in Munster hergestellt.[80] Nach Ende des Krieges verblieben beträchtliche Mengen an Waffen in den Produktionsstätten. Sie wurden von den Alliierten beschlagnahmt und während der Operation Davy Jones’ Locker auf diverse Schiffe geladen, die dann im Skagerrak versenkt wurden. Aus heutiger Sicht wäre dies eine Umweltstraftat, war aber damals erlaubt. Danach war an den ehemaligen Produktionsstandorten nur noch verseuchter Boden übrig, der in zwei Entsorgungsanlagen der Gesellschaft zur Entsorgung von chemischen Kampfstoffen und Rüstungsaltlasten mbH (GEKA) kontrolliert vernichtet wird.[81] In den Anlagen der bundeseigenen Gesellschaft wird kontaminierter Boden zuerst „gewaschen“, um die hochkontaminierten Bereiche abzutrennen. Diese werden mit Kalk vermischt und in einer Plasmaanlage bei 1350 bis 1550 °C im Lichtbogen geschmolzen. Es entsteht dabei nach dem Abkühlen glasartige Schlacke, in der nichtbrennbare Stoffe gebunden sind sowie Verbrennungsgase. Mit Chemikalien befüllte Munition wird vorher in einem so genannten Sprengofen gesprengt. In beiden Fällen werden die Gase ausgewaschen und anschließend die Salze ausgefällt.[82] Heute besitzt Deutschland nur noch Kampfstoffmunition die nach dem Krieg in diverse Müllkippen, wie zum Beispiel dem Dethlinger Teich, entsorgt wurden.

Russland[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Russland übernahm von der ehemaligen Sowjetunion rund 40.000 Tonnen Chemiewaffen. Die erste C-Waffen-Vernichtungsanlage wurde im Dezember 2002 in der Kleinstadt Gorny im Gebiet Saratow am Mittellauf der Wolga gebaut. Außerhalb von Potschep, im Gebiet Brjansk, lagern abgefüllt in über 67.000 Fliegerbomben rund 7.500 t der Nervenkampfstoffe VX, Sarin und Soman. Im April 2006 wurde die zweite russische Anlage zur Vernichtung von Chemiewaffen in Kambarka, Republik Udmurtien in Betrieb genommen. In der Anlage, die mit deutscher Hilfe finanziert wurde, wurden 6350 t arsenhaltiger Hautkampfstoff beseitigt, deren Vernichtungskosten über 270 Millionen Euro betragen. Deutschland trug davon 90 Millionen Euro. In einem ersten Schritt wurden die Kampfstoffe von russischer Seite waffenuntauglich gemacht und ab 2009 eine Anlage mit Hochturbulenzreaktoren zur thermischen Entsorgung der Kampfstoffe in Betrieb genommen.

Die etwa 400 km östlich von Moskau gelegene Stadt Dserschinsk wurde 2006, 2007 und 2013 vom amerikanischen Blacksmith Institute zu einem der zehn am stärksten verseuchten Orte der Welt „nominiert“. Wasser und Böden sind hier hochgradig mit Chemikalien aus der Zeit der Chemiewaffenproduktion im Kalten Krieg verseucht, da neben Leckagen und anderen Unfällen in den Jahren 1930 bis 1998 etwa 300.000 Tonnen chemischer Abfälle unsachgemäß entsorgt wurden. Über laufende Sanierungsmaßnahmen ist bislang nichts bekannt.[83] Im September 2017 wurde bekanntgegeben, dass der letzte chemische Sprengkopf in der Entsorgungsanlage Kisner in Udmurtien vernichtet wurde. Die Organisation für das Verbot chemischer Waffen bestätigte die Vernichtung aller russischen Chemiewaffen und gratulierte Russland, das somit chemiewaffenfrei ist. Der russische Präsident Wladimir Putin beobachtete den Vorgang per Videozuschaltung und forderte nun auch die USA auf, das Abkommen zu achten und die amerikanischen Chemiewaffen ebenfalls rasch zu vernichten.[84]

Vereinigte Staaten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vernichtung einer mit Sarin, einem Nervenkampfstoff, gefüllten Rakete im Johnston Atoll Chemical Agent Disposal System (kurz JACADS)

Die USA nutzten ab Ende der 1980er Jahre bis Ende der 1990er Jahre eine Anlage für die Vernichtung von chemischen Kampfstoffen auf dem Johnston-Atoll im Pazifik. Die Vernichtung von 90 % der C-Waffen der USA (31.000 Tonnen waren insgesamt deklariert worden) in den letzten zwei Jahrzehnten durch Verbrennung hat 35 Milliarden US-Dollar gekostet, nach anderen Angaben 28 Milliarden Dollar.[85][86] Die Reste des US-Chemiewaffenarsenals befanden sich in zwei Armeelagern in den Bundesstaaten Colorado und Kentucky. Die vollständige Vernichtung aller chemischen Kampfstoffe in den USA wurde 2023 abgeschlossen.[64]

Syrien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Russland schlug im September 2013 vor, Syrien möge seine Chemiewaffen unter westlicher Aufsicht zerstören. Die USA, die zuerst mit einem militärischen Schlag gedroht hatten, setzten dann auf eine diplomatische Lösung.[85] Syrien hat nunmehr am 14. September 2013 den Beitritt zur OPCW ratifiziert, welcher 30 Tage später vertragsgemäß in Kraft trat. Alle Anlagen zur Produktion der Waffen und zum Abfüllen von Munition sollen nach Angaben der OPCW unmittelbar danach zerstört worden sein.[87] 600 Tonnen Chemikalien wurden dabei auf dem US-Spezialschiff MV Cape Ray (T-AKR-9679) auf dem Mittelmeer neutralisiert. Die neutralisierten Chemikalien wurden in Deutschland und Finnland entsorgt.[88] In Deutschland erfolgte die Verbrennung 340 t Hydrolysats und 30 t sonstiger kontaminierter Abfälle ab September 2014 bei der GEKA.[89]

Chemikalien-Lieferungen für Waffenproduktion?[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die britische Boulevard-Zeitung Daily Mail behauptete am 7. September 2013, dass von 2004 bis 2010 die britische Regierung fünfmal zwei britischen Firmen die Lieferung der Chemikalie Natriumfluorid bewilligt habe, die zur Synthese von fluorhaltigem Sarin verwendet werden kann.[90]

Auf Anfrage der Fraktion Die Linke gab die deutsche Regierung am 18. September 2013 bekannt, dass zwischen 2002 und 2006 insgesamt 137 Tonnen Fluorwasserstoff, Ammoniumhydrogendifluorid, Natriumfluorid sowie Zubereitungen mit Kalium- und Natriumcyanid nach Syrien exportiert worden sind. Syrien hat eine geplante Verwendung dieser Dual-Use-Güter für zivile Zwecke plausibel dargestellt. Die Ausfuhrgenehmigung sei erst nach „sorgfältiger Prüfung aller eventueller Risiken, einschließlich von Missbrauchs- und Umleitungsgefahren im Hinblick auf mögliche Verwendungen in Zusammenhang mit Chemiewaffen“ erteilt worden, so das Wirtschaftsministerium.[91]

Stellungnahme der Gesellschaft Deutscher Chemiker 2022[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Gesellschaft Deutscher Chemiker veröffentlichte 2022 eine umfangreiche Stellungnahme zum Thema Chemische Kampfstoffe.[92]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Joachim Badelt: Chemische Kriegführung – Chemische Abrüstung. Die Bundesrepublik Deutschland und das Pariser Chemiewaffenübereinkommen. (= Militärpolitik und Rüstungsbegrenzung. 5). Berlin-Verlag Spitz, Berlin 1994, ISBN 3-87061-269-X.
  • Christoph Bundscherer: Deutschland und das Chemiewaffenübereinkommen. Wirtschaftsverwaltungsrecht als Instrument der Rüstungskontrolle. (= Europäische Hochschulschriften Reihe 2; Rechtswissenschaft. 2213). Lang, Frankfurt am Main u. a. 1997, ISBN 3-631-32353-0. (Zugleich: Greifswald, Univ., Diss., 1997)
  • Walter Böttger: Kultur im alten China. Urania-Verlag, Leipzig u. a. 1977, DNB 780342844.
  • Jochen Gartz: Chemische Kampfstoffe. Der Tod kam aus Deutschland. (= Der Grüne Zweig. Band 243). Pieper und The Grüne Kraft, Löhrbach 2003, ISBN 3-922708-28-5.
  • Günther W. Gellermann: Der Krieg, der nicht stattfand. Möglichkeiten, Überlegungen und Entscheidungen der deutschen obersten Führung zur Verwendung chemischer Kampfstoffe im Zweiten Weltkrieg. Bernard & Graefe, Bonn 1986, ISBN 3-7637-5804-6.
  • Olaf Groehler: Der lautlose Tod. Rowohlt TB, Reinbek 1990, ISBN 3-499-18738-8.
  • Gerhard Grümmer: Giftküchen des Teufels. 3. Auflage. Brandenburger Verlagshaus, Berlin 1990, ISBN 3-327-00647-4.
  • Ludwig F. Haber: The Poisonous Cloud. Chemical Warfare in the First World War. Oxford University Press, Oxford u. a. 1986, ISBN 0-19-858142-4.
  • L. Huber, J. Bailey, A. Ochsenbein: ABC-Waffen: Einsatz und Schutz auf einem europäischen Gefechtsfeld. DTIG – Defense Threat Informations Group, 1995.
  • Robert Harris, Jeremy Paxman: Eine höhere Form des Tötens. Die geheime Geschichte der B- und C-Waffen. Econ, Düsseldorf u. a. 1986, ISBN 3-430-14052-8.
  • Reinhard Klimmek, Ladislaus Szinicz, Nikolaus Weger: Chemische Gifte und Kampfstoffe – Wirkung und Therapie. Hippokrates Verlag, Stuttgart 1983, ISBN 3-7773-0608-8.
  • Dan Kaszeta: Toxic. A History of Nerve Agents, From Nazi Germany to Putin’s Russia. Hurst & Company, London 2020, ISBN 978-1-78738-306-7.
  • Thilo Marauhn: Der deutsche Chemiewaffenverzicht. Rechtsentwicklungen seit 1945. (= Beiträge zum ausländischen öffentlichen Recht und Völkerrecht. 116). Springer, Berlin u. a. 1994, ISBN 3-540-58352-1. (Zugleich: Heidelberg, Univ., Diss., 1993–1994).
  • Dieter Martinetz: Der Gaskrieg 1914–1918. Entwicklung, Herstellung und Einsatz chemischer Kampfstoffe. Das Zusammenwirken von militärischer Führung, Wissenschaft und Industrie. Bernard & Graefe, Bonn 1996, ISBN 3-7637-5952-2.
  • Gerhard Peters (LS-Oberführer): Kampfstoff– und Luftschutz–Chemie – Eigenschaften Gefahren und Abwehr der chemischen Kampfstoffe, Ferdinand Enke Verlag, Stuttgart 1939. DNB-Link
  • Florian Schmaltz: Kampfstoff-Forschung im Nationalsozialismus. Zur Kooperation von Kaiser-Wilhelm-Instituten, Militär und Industrie. (= Geschichte der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im Nationalsozialismus. 11). Wallstein, Göttingen 2005, ISBN 3-89244-880-9.
  • Jonathan B. Tucker: War of nerves. Chemical warfare from World War I to al-Qaeda. Pantheon Books, New York NY 2006, ISBN 0-375-42229-3.
  • Gertrud Woker: Der kommende Gift- und Brandkrieg und seine Auswirkungen gegenüber der Zivilbevölkerung. Ernst Oldenburg Verlag, Leipzig 1932, DNB 578415798.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Chemische Waffe – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Giftgas – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: Kampfstoff – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Eintrag zu chemische Waffen. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 9. September 2013.
  2. Article II. Definitions and Criteria. Chemical Weapons Convention, abgerufen am 10. September 2013.
  3. Hermann Lampalzer: Das aktuelle ABC-Bedrohungsbild. In: Bundesheer. 2003, abgerufen am 9. Juli 2018.
  4. The Times vom 24. August 1893, S. 9: The Explosives Committee.
  5. Der Weltkrieg von 1914 bis 1918. Band 7: Die Operationen des Jahres 1915. Die Ereignisse im Winter und Frühjahr. Mittler & Sohn, Berlin 1931, S. 166.
  6. Gerhard Hirschfeld, Gerd Krumeich, Irina Renz: Enzyklopädie Erster Weltkrieg. 2. Auflage. Paderborn 2004, ISBN 978-3-506-73913-1, S. 520.
  7. Vgl. auch Volker Hartmann: Medizin im Gaskrieg. Vor 100 Jahren: Einsatz von Chlorgas bei Ypern. In: Wehrmedizinische Monatsschrift. Band 59, 2015, S. 159–163.
  8. Hans Günter Brauch: Der chemische Alptraum, oder, gibt es einen C-Waffen-Krieg in Europa? Dietz Verlag, 1982, ISBN 978-3-8012-0079-4.
  9. Carl Duisberg, Kordula Kühlem (Hrsg.): Carl Duisberg (1861–1935): Briefe eines Industriellen. Oldenbourg Verlag, 2012, ISBN 978-3-486-71283-4.
  10. Georg Feulner: Naturwissenschaften: Daten, Fakten, Ereignisse und Personen. Compact Verlag, 2008, ISBN 978-3-8174-6605-4.
  11. Analyse des Giftgases im Ersten Weltkrieg.
  12. Höllisch Wolke
  13. Noam Chomsky: Deterring Democracy. Hill and Wang, New York 1992, ISBN 978-0-374-52349-7, S. 181–182.
  14. Winston Churchill’s Secret Poison Gas Memo. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 11. Januar 2015.
  15. Orlando Figes: Die Tragödie eines Volkes. Berlin 1998, S. 811 ff; Richard Pipes: Russia under the Bolshevik regime. New York 1993, S. 387–401. Siehe auch Nicolas Werth: Ein Staat gegen sein Volk. Gewalt, Unterdrückung und Terror in der Sowjetunion. In: Stéphane Courtois u. a.: Das Schwarzbuch des Kommunismus. Unterdrückung, Verbrechen und Terror. Aus dem Französischen von Irmela Arnsperger, Bertold Galli, Enrico Heinemann, Ursel Schäfer, Karin Schulte-Bersch, Thomas Woltermann. Piper, München/ Zürich 1998, ISBN 3-492-04053-5, S. 165–178.
  16. a b Sebastian Balfour: Deadly embrace: Morocco and the road to the Spanish Civil War. Oxford University Press, Oxford 2002, ISBN 0-19-925296-3, 5 The secret history of chemical warfare against Moroccans..
  17. The use of chemical weapons in the 1935–36 Italo-Ethiopian War. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 24. September 2015; abgerufen am 11. Januar 2015.
  18. Henning Sietz: Es riecht nach Senf! In: Die Zeit. 22. Juni 2006 (abgerufen 1. September 2010).
  19. siehe dazu William Baxter: The Chemical Warfare Service of the United States Army During the Inter-War Period. Technische Universität Texas, 2004, tdl.org (PDF; 6,0 MB)
  20. Harold Edmund Bullis, * 1888. Der Offizier gründete später das Bullis Project, eines von mehreren Vorhaben, in Grundschulen Standards für „geistige Hygiene“ festzulegen. Siehe das Health Instruction Yearbook 1951, Stanford University Presse, S. 203.
  21. zitiert nach: War Gas Advocated to Replace Dry Padlock. In: New York Times. 30. Juli 1928.
  22. Warnos of War Gas Treaty. In: New York Times. 15. Juli 1928.
  23. The Future of the Army. Science as Substitute for Numbers. In: The Times. 21. Januar 1920, S. 7.
  24. a b c Wolfgang Kirstein: Chemiewaffen und Chemiewaffenübereinkommen. (Memento vom 10. April 2014 im Internet Archive) (PDF; 10,4 MB), undatiert (offenbar 2007), S. 30.
  25. Schulversuche zur Chemie der Kampfstoffe books.google.at, Carl Heymanns Verlag, 2. Auflage 1939, abrufbar.
  26. H. L.: Schulversuche zur Chemie der Kampfstoffe 1935, 175 S. – Besprechung mit Sachkritik, nach Oktober 1935.
  27. PBS: Perilous Flight.
  28. a b Vet refuses to take Unit 731 to his grave. (Memento vom 29. April 2012 im Internet Archive) In: Japan Times. 17. September 2004.
  29. Yoshiaki Yoshimi, Seiya Matsuno: Dokugasusen Kankei Shiryō II. (Material on Toxic Gas Warfare). Kaisetsu, 1997, S. 25–29.
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