„Klassische Mechanik“ – Versionsunterschied

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[[Datei:MathematischesPendel.jpg|miniatur|Das [[Mathematisches Pendel|mathematische Pendel]] – ein typischer Anwendungsfall der klassischen Mechanik]]
'''Klassische Mechanik''' (oft auch Newtonsche Mechanik, nach [[Isaac Newton]], der wichtige fundamentale Beiträge zu deren Verständnis lieferte) ist die Physik sich bewegender Objekte der alltäglichen Art. Beispiele von Problemen, die mit klassischer Mechanik gut beschrieben werden können sind Eishockey-Pucks, freier Fall von Objekten, [[Planetenbewegung]]en und Kreisel. Die klassische Mechanik versagt bei Problemen, die [[Relativitätstheorie|relativistische]] oder
Die '''klassische Mechanik''' oder '''Newtonsche Mechanik''' ist das Teilgebiet der [[Physik]], das die Bewegung von festen, flüssigen oder gasförmigen [[Körper (Physik)|Körpern]] unter dem Einfluss von [[Kraft|Kräften]] beschreibt. Dazu gehören auch der Fall der [[Trägheit]]sbewegung in Abwesenheit einer Kraft und der Fall des [[Statik (Physik)|statischen Gleichgewichts]], d. h. des Verbleibens in der Ruhelage, obwohl Kräfte wirken. Typische Anwendungsgebiete der klassischen Mechanik sind [[Himmelsmechanik]], [[Technische Mechanik]], [[Hydrodynamik]], [[Aerodynamik]], [[Statik (Physik)|Statik]] und [[Biomechanik]].


Die klassische Mechanik beruht auf den von [[Isaac Newton]] Ende des 17. Jahrhunderts gelegten Grundlagen, wurde aber noch bis zum Ende des 19. Jahrhunderts durch [[Gottfried Wilhelm Leibniz]], [[Johann I Bernoulli]], [[Daniel Bernoulli]], [[Leonhard Euler]], [[Jean-Baptiste le Rond d’Alembert]], [[Joseph-Louis de Lagrange]], [[Augustin Louis Cauchy]], [[William Rowan Hamilton]] und andere erweitert und weitgehend vollständig ausgearbeitet. In der Entwicklung der Physik und der anderen [[Naturwissenschaft]]en diente sie als wichtiges Vorbild.
[[Quantenmechanik|quantenmechanische]] Effekte zeigen.


Die klassische Mechanik ermöglicht sehr genaue Beschreibungen und Vorhersagen aller mechanischen Vorgänge in Wissenschaft, Technik und Natur, sofern die Geschwindigkeit der Körper gegenüber der [[Lichtgeschwindigkeit]] und ihre [[Materiewelle #Die De-Broglie-Wellenlänge|De-Broglie-Wellenlänge]] gegenüber den Abmessungen des betrachteten Systems vernachlässigt werden können. Die physikalischen Theorien wie [[Relativitätstheorie]] und [[Quantenmechanik]], mit denen diese Einschränkungen im 20. Jahrhundert überwunden wurden, fußen ihrerseits auf der klassischen Mechanik, beruhen aber auch wesentlich auf Konzepten, die mit der klassischen Mechanik nicht mehr vereinbar sind.


== Geschichte ==
{{Hauptartikel|Geschichte der Klassischen Mechanik}}
Die ab dem 17. Jahrhundert entwickelte Klassische Mechanik wurde zur ersten [[Naturwissenschaft]] im heutigen Sinn. Die von [[Galileo Galilei]] begründete Methode der Naturerkenntnis, in der experimentelle Beobachtungen angestellt und die Ergebnisse mit mathematischen Methoden analysiert werden, führte hier zum ersten Mal zu einem wissenschaftlichen Durchbruch. Als Beginn der Klassischen Mechanik wird [[Isaac Newton]]s Buch ''[[Philosophiae Naturalis Principia Mathematica|Mathematische Prinzipien der Naturphilosophie]]'' von 1687 angesehen. Darin werden Bewegungen von Körpern, insbesondere die beschleunigten Bewegungen, mithilfe eines eigens hierfür geschaffenen neuen [[Kraft]]begriffs umfassend analysiert. Newton wies nach, dass alle Beobachtungen und Messungen an Bewegungen von Körpern sich durch ein Gerüst weniger Grundannahmen erklären lassen. Er zeigte das, mittels der ebenfalls neuen mathematischen Technik der Infinitesimalrechnung, in mathematischer Strenge für die Beobachtungsergebnisse von Galilei zum freien Fall und die von [[Johannes Kepler]] zu den Planetenbewegungen, wie auch für zahlreiche eigene Beobachtungen und Messungen an bewegten Körpern.


Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts erbrachten [[Christiaan Huygens]], [[Gottfried Wilhelm Leibniz]], [[Johann I Bernoulli]], [[Daniel Bernoulli]], [[Leonhard Euler]], [[Jean-Baptiste le Rond d’Alembert]], [[Joseph-Louis de Lagrange]], [[Pierre-Simon Laplace]], [[Augustin Louis Cauchy]], [[William Rowan Hamilton]], (und andere) die notwendige Klärung einiger der newtonschen Begriffe und die Einführung weiterer Begriffe (z.&nbsp;B. [[Drehimpuls]], [[Arbeit (Physik)|Arbeit]], [[Energie]], [[Spannungstensor]]) und Techniken (z.&nbsp;B. [[d’Alembertsche Trägheitskraft]], [[Lagrange-Formalismus]]). Damit dehnten sie das Anwendungsgebiet der Newtonschen Mechanik erheblich aus. Diese Lehre der Mechanik war so erfolgreich in der Deutung unzähliger Vorgänge, dass sie zur Grundlage eines [[Mechanistisches Weltbild|Mechanistischen Weltbilds]] gemacht wurde<ref >{{Literatur | Autor= [[Friedrich Hund]]| Titel= Geschichte der Physikalischen Begriffe. Teil I: Die Entstehung des mechanischen Naturbildes| Auflage= 2.| Verlag= BI Hochschultaschenbücher| Ort=Mannheim | Jahr= 1978 | ISBN= | Seiten=}} Vorwort.</ref>, was vonseiten der traditionellen Philosophie jedoch teils auf heftigste Kritik stieß.<ref>{{Literatur | Autor= [[Erhard Scheibe]] | Titel=Die Philosophie der Physiker (Überarbeitete Taschenbuchausgabe) | Auflage= | Verlag= C. H. Beck| Ort= | Jahr= 2007| ISBN= 3406547885 |Seiten=22&nbsp;ff}}</ref>
Das Meiste der klassischen Mechanik lässt sich aus Newtons Bewegungsgleichungen ableiten:


Die Newtonsche Mechanik fand ab dem 19. Jahrhundert allmählich auch Anwendung im Bauwesen und im Maschinenbau, letzteres verstärkt aber erst ab Beginn des 20. Jahrhunderts. Während die so entstehende [[Technische Mechanik]] vollständig auf dem Newtonschen Kraftbegriff beruht, wurde dieser in der [[Theoretische Mechanik|Theoretischen Mechanik]] durch [[Ernst Mach]], [[Gustav Robert Kirchhoff|Gustav Kirchhoff]], [[Heinrich Hertz]] als nicht wirklich grundlegend kritisiert und trat in seiner Bedeutung in der Folge gegenüber den Begriffen [[Impuls]] und [[Energie]] zurück.


Dass die Gültigkeit der klassischen Mechanik ihre Grenzen hat, wurde Anfang des 20. Jahrhunderts entdeckt. Erkenntnisse der [[Elektrodynamik]] führten zu Problemen, die [[Albert Einstein]] im Rahmen seiner [[Spezielle Relativitätstheorie|Speziellen Relativitätstheorie]] und [[Allgemeine Relativitätstheorie|Allgemeinen Relativitätstheorie]] mit einer Revision der klassischen Annahmen über Raum, Zeit und Masse löste. Danach bleibt die Newtonsche Mechanik näherungsweise gültig für die Bewegung von Körpern, deren Geschwindigkeiten gegenüber der Lichtgeschwindigkeit und deren Gravitationsenergie gegenüber ihrer [[Ruheenergie]] vernachlässigt werden können. Eine andere Gültigkeitsgrenze der klassischen Mechanik ergab sich aus den Erkenntnissen der [[Atomphysik]], die – nach ersten Erfolgen von [[Niels Bohr]] und [[Arnold Sommerfeld]] – erst in der durch [[Werner Heisenberg]] und [[Erwin Schrödinger]] entwickelten [[Quantenmechanik]] erklärt werden konnten. Aus der Quantenmechanik ergibt sich, dass die klassische Mechanik für solche Vorgänge näherungsweise gültig ist, bei denen die [[De-Broglie-Wellenlänge]] der Körper vernachlässigbar klein gegenüber den maßgebenden räumlichen Abständen sind.


== Formulierungen ==
*Jeder Körper bewegt sich gleichförmig auf einer geraden Linie, sofern keine [[Kraft|Kräfte]] auf ihn wirken.
In der klassischen Mechanik existieren verschiedene Prinzipien zur Aufstellung von [[Bewegungsgleichung]]en, die zur Beschreibung der Bewegung von Körpern genutzt werden. Diese stellen jeweils eine Weiterentwicklung oder Verallgemeinerung des zweiten Newtonschen Gesetzes dar. Bewegungsgleichungen sind [[Differentialgleichung]]en zweiter Ordnung, die nach der [[Beschleunigung]] aufgelöst werden können und deren Lösung den Ort und die [[Geschwindigkeit]] einer [[Masse (Physik)|Masse]] zu jeder Zeit festlegt.


=== Newtonsche Gesetze ===
*Die Geschwindigkeitsänderung eines Körpers ist proportional zur Kraft, die auf ihn wirkt.
{{Hauptartikel|Newtonsche Gesetze}}


Die Newtonschen Gesetze gelten als die Grundlage der klassischen Mechanik, auf der alle weiteren Modelle basieren. Zentrales Konzept dieser Formulierung ist die Einführung von [[Kraft|Kräften]], die eine [[Beschleunigung]] <math>\ddot{\vec x}</math> einer Masse <math>m</math> hervorrufen. Die Bewegungsgleichung dieser Masse wird bestimmt durch die Überlagerung der Kräfte <math>\vec F_i</math>, die auf die Masse wirken:
*Wenn Körper A eine Kraft auf Körper B ausübt, so übt Körper B dieselbe Kraft in umgekehrter Richtung auf Körper A aus (actio=reactio).


:<math>m \ddot{\vec x} = \sum_{i = 1}^{N}{\vec F_i}</math>


=== Lagrange-Formalismus ===
{{Hauptartikel|Lagrange-Formalismus}}


Der Lagrange-Formalismus beschreibt die Gesetze der klassischen Mechanik durch die ''Lagrange-Funktion'' <math>L</math>, die für Systeme mit einem generalisierten Potential und holonomen [[Zwangsbedingung]]en als Differenz aus [[Kinetische Energie|kinetischer Energie]] <math>T</math> und [[Potentielle Energie|potentieller Energie]] <math>V</math> gegeben ist:
Wenn wir folgende Abkürzungen verwenden (<b>fett</b> heißt [[Vektor|vektorielle]] Größe, Einheit in Klammern):


:<math>L = T - V</math>
*t Zeit ([[SI]]:[[Sekunde]])


Die Bewegungsgleichungen ergeben sich durch Anwenden der ''Euler-Lagrange-Gleichungen'', die die Ableitungen nach der Zeit <math>t</math>, den Geschwindigkeiten <math>\dot q_i</math> und den [[Generalisierte Koordinate|generalisierten Koordinaten]] <math>q_i</math> miteinander in Verbindung setzt:
*m Masse eines Körpers ([[Kilogramm]])


:<math>\frac{\text{d}}{\text{d}t} \frac{\partial L}{\partial \dot{q}_i} = \frac{\partial{L}}{\partial q_i}</math>
*<b>s</b> Distanz ([[Meter]])


=== Hamiltonsche Mechanik ===
*<b>v</b> Geschwindigkeit ([[Meter]]/[[Sekunde]])
{{Hauptartikel|Hamiltonsche Mechanik}}


Die Hamiltonsche Mechanik ist die am stärksten verallgemeinerte Formulierung der klassischen Mechanik und Ausgangspunkt der Entwicklung neuerer Theorien und Modelle, wie der Quantenmechanik. Zentrale Gleichung dieser Formulierung ist die ''[[Hamilton-Funktion]]'' <math>H</math>. Sie ist folgendermaßen definiert:
*<b>a</b> Beschleunigung ([[Meter]]/[[Sekunde]]²)


:<math>H=\sum\limits_i\dot q_ip_i-L(\vec q,\dot{\vec q},t)</math>
*<b>F</b> Kraft (von Force, engl.) ([[Newton (Einheit)|Newton]]=[[Kilogramm]]*[[Meter]]/[[Sekunde]]²)


Dabei sind <math>\dot q_i</math> die generalisierten Geschwindigkeiten und <math>p_i</math> die [[Generalisierter Impuls|generalisierten Impulse]]. Ist die potentielle Energie unabhängig von der Geschwindigkeit und hängen die Transformations-Gleichungen, die die generalisierten Koordinaten definieren, nicht von der Zeit ab, ist die Hamilton-Funktion in der klassischen Mechanik durch die Summe aus [[Kinetische Energie|kinetischer Energie]] <math>T</math> und [[Potentielle Energie|potentieller Energie]] <math>V</math> gegeben:<ref>Herbert Goldstein: ''Klassische Mechanik.'' Frankfurt 1963, S. 244.</ref>


:<math>H = T + V</math>


Die Bewegungsgleichungen ergeben sich durch Anwenden der [[Kanonische Gleichungen|kanonischen Gleichungen]]:
können wir einige Zusammenhänge ganz axiomatisch aufbauen. Was heißt Geschwindigkeit eigentlich? Bei einer konstanten Geschwindigkeit können wir eine bestimmte Zeit warten und die zurückgelegte Distanz messen. Dann hat der Körper die Geschwindigkeit


:<math> \dot{q}_i = \frac{\partial H}{\partial p_i} </math>
:<math> \dot{p}_i = -\frac{\partial H}{\partial q_i}</math>


Mit dem [[Hamilton-Jacobi-Formalismus]] existiert eine modifizierte Form dieser Beschreibung, die die Hamilton-Funktion mit der [[Wirkung (Physik)|Wirkung]] verknüpft.


== Grenzen ==
:<b>v</b> = <b>s</b>/t
Viele alltägliche Phänomene werden durch die klassische Mechanik ausreichend genau beschrieben. Es gibt aber Phänomene, die mit der klassischen Mechanik nicht mehr erklärt oder nicht mehr in Einklang gebracht werden können. In diesen Fällen wird die klassische Mechanik durch genauere Theorien ersetzt, wie z.&nbsp;B. durch die [[spezielle Relativitätstheorie]] oder die Quantenmechanik. Diese Theorien enthalten die klassische Mechanik als Grenzfall. Bekannte klassisch nicht erklärbare Effekte sind [[Photoelektrischer Effekt|Photoeffekt]], [[Compton-Effekt|Comptonstreuung]] und [[Hohlraumstrahlung|Hohlraumstrahler]].


=== Das Verhältnis zur Relativitätstheorie ===
Anders als in der Relativitätstheorie gibt es in der klassischen Mechanik keine Maximalgeschwindigkeit, mit der sich Signale ausbreiten können. So ist es in einem klassischen Universum möglich, alle Uhren mit einem unendlich schnellen Signal zu synchronisieren. Dadurch ist eine absolute, in jedem [[Inertialsystem]] gültige Zeit denkbar.


In der Relativitätstheorie ist die größte Signalgeschwindigkeit gleich der Vakuum-[[Lichtgeschwindigkeit]]. Unter der Annahme, dass zur Messung physikalischer Vorgänge benötigte Uhren perfekt synchronisiert werden können, lässt sich nun der Geltungsbereich der klassischen Mechanik gegenüber der Relativitätstheorie bestimmen. Die Annahme über die Synchronisierbarkeit gilt nämlich genau dann, wenn die zu messende Geschwindigkeit <math> v </math> im Vergleich zur (maximalen) Signalgeschwindigkeit <math> c </math>, mit der die Uhren synchronisiert werden, klein ist, d.&nbsp;h. <math> v \ll c </math>.


=== Das Verhältnis zur Quantenmechanik ===
Wenn gleichzeitig eine Kraft auf den Körper wirkt, bekommen wir damit jedoch nur eine Art Durchschnittsgeschwindigkeit! Was heißt nun Geschwindigkeit? Hier hat Newton seinen großen Durchbruch gehabt: er definierte die Ableitung einer Größe
Im Gegensatz zu der Quantenmechanik lassen sich Massenpunkte mit identischen [[Observable]]n (Masse, Ort, Impuls) unterscheiden, während man in der Quantenmechanik von ununterscheidbaren [[Entität (Philosophie)|Entitäten]] ausgeht. Das bedingt, dass klassische Körper in dem Sinne makroskopisch sein müssen, dass sie individuelle Eigenschaften besitzen, die sie unterscheidbar machen. Somit lassen sich z.&nbsp;B. [[Elementarteilchen]] einer Familie nicht als klassische Massenpunkte auffassen. Die Unterscheidbarkeit eines klassischen Teilchens rührt daher, dass es, wenn es sich selbst überlassen wird, in seinem vorherigen Inertialsystem verharrt. Dies ist für ein quantenmechanisch beschriebenes Teilchen nicht der Fall, da ein sich selbst überlassenes Teilchen nicht zwangsweise in seinem Inertialsystem verharrt. Diese Tatsache kann man in der Quantenmechanik herleiten, in dem man das [[Schrödingergleichung|Schrödinger]]-[[Anfangswertproblem]] für die Wellenfunktion eines Teilchens löst, dessen Aufenthaltswahrscheinlichkeit zu einem Zeitpunkt <math> t = 0 </math> genau an einem Ort lokalisiert ist (ein so genannter <math> \delta </math>-Peak). Die Aufenthaltswahrscheinlichkeit beginnt mit zunehmender Zeit zu zerlaufen.


== Literatur ==
* {{Literatur|Autor = Ralph Abraham, Jerrold E. Marsden|Titel = Foundations of Mechanics|Verlag = Addison-Wesley|ISBN = 0-201-40840-6}}
* {{Literatur|Autor = Torsten Fließbach|Titel = Mechanik|Verlag = Spektrum|Jahr = 2007|Auflage = 5.|ISBN = 978-3-8274-1683-4}}
* {{Literatur|Autor = [[Herbert Goldstein]], Charles. P. Poole, John Safko|Titel = Klassische Mechanik|Verlag = Wiley-VCH|ISBN = 3-527-40589-5}}


== Weblinks ==
{{Commonscat|Classical mechanics|Klassische Mechanik}}
{{Wikibooks|Formelsammlung Physik: Klassische Mechanik|Formelsammlung Klassische Mechanik}}


== Einzelnachweise ==
:<b>v</b> = <i>d</i><b>s</b>/<i>d</i>t
<references />



welche die Geschwindigkeit für jeden beliebigen Zeitpunkt definiert. Hierbei wird das untersuchte Zeitintervall immer weiter verkleinert und die entsprechende Strecke gemessen (ein [[Limes]] t->0). Die weitere Diskussion dieser Tatsache soll der [[Algebra]] überlassen bleiben, hingegen definiert die Ableitung der Ortsfunktion zu jedem Zeitpunkt die Geschwindigkeit:



:<b>v</b>(t) = <i>d</i><b>s</b>(t)/<i>d</i>t



Analog gilt für die Beschleunigung, definiert als Änderung der Geschwindigkeit



:<b>a</b>(t) = <i>d</i><b>v</b>(t)/<i>d</i>t



Nun können wir die zwei ersten Newtonschen Gleichungen so schreiben:



*<b>F</b>(t) = 0 => <i>d</i><b>v</b>(t)/<i>d</i>t = 0 (oder <b>v</b>(t) = const)

*<b>F</b>(t) = m * <b>a</b>(t)



Letztere Gleichung definiert eigentlich den Begriff [[Masse]], genauer die [[Träge Masse]], welche als Proportionalitätskonstante zwischen Kraft und Beschleunigung die Trägheit des Körpers bestimmt.



Dies ist die Grundlage und ein Beispiel der Arbeitsweise in der klassischen Mechanik. Weitere Stichworte der klassischen Mechanik sind



*[[Statik]]: Untersuchung starrer Systeme

*[[Dynamik]]: Newtonsche Gesetze

*[[Kinematik]]: Untersuchung bewegter Körper

*[[Harmonische Schwingung]]

*[[kinetische Energie]]

*[[konservative Systeme]]

*[[Lagrange-Formalismus]]

*[[Hamilton-Formalismus]]

*[[Symmetrien]] und [[Erhaltungssätze]]



Literatur:



:F.Scheck, Mechanik: von den Newtonschen Gesetzen zum deterministischen Chaos, Springer 1988


[[Kategorie:Klassische Mechanik| ]]
[[Kategorie:Physikalisches Fachgebiet]]

Aktuelle Version vom 30. Oktober 2023, 19:57 Uhr

Das mathematische Pendel – ein typischer Anwendungsfall der klassischen Mechanik

Die klassische Mechanik oder Newtonsche Mechanik ist das Teilgebiet der Physik, das die Bewegung von festen, flüssigen oder gasförmigen Körpern unter dem Einfluss von Kräften beschreibt. Dazu gehören auch der Fall der Trägheitsbewegung in Abwesenheit einer Kraft und der Fall des statischen Gleichgewichts, d. h. des Verbleibens in der Ruhelage, obwohl Kräfte wirken. Typische Anwendungsgebiete der klassischen Mechanik sind Himmelsmechanik, Technische Mechanik, Hydrodynamik, Aerodynamik, Statik und Biomechanik.

Die klassische Mechanik beruht auf den von Isaac Newton Ende des 17. Jahrhunderts gelegten Grundlagen, wurde aber noch bis zum Ende des 19. Jahrhunderts durch Gottfried Wilhelm Leibniz, Johann I Bernoulli, Daniel Bernoulli, Leonhard Euler, Jean-Baptiste le Rond d’Alembert, Joseph-Louis de Lagrange, Augustin Louis Cauchy, William Rowan Hamilton und andere erweitert und weitgehend vollständig ausgearbeitet. In der Entwicklung der Physik und der anderen Naturwissenschaften diente sie als wichtiges Vorbild.

Die klassische Mechanik ermöglicht sehr genaue Beschreibungen und Vorhersagen aller mechanischen Vorgänge in Wissenschaft, Technik und Natur, sofern die Geschwindigkeit der Körper gegenüber der Lichtgeschwindigkeit und ihre De-Broglie-Wellenlänge gegenüber den Abmessungen des betrachteten Systems vernachlässigt werden können. Die physikalischen Theorien wie Relativitätstheorie und Quantenmechanik, mit denen diese Einschränkungen im 20. Jahrhundert überwunden wurden, fußen ihrerseits auf der klassischen Mechanik, beruhen aber auch wesentlich auf Konzepten, die mit der klassischen Mechanik nicht mehr vereinbar sind.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die ab dem 17. Jahrhundert entwickelte Klassische Mechanik wurde zur ersten Naturwissenschaft im heutigen Sinn. Die von Galileo Galilei begründete Methode der Naturerkenntnis, in der experimentelle Beobachtungen angestellt und die Ergebnisse mit mathematischen Methoden analysiert werden, führte hier zum ersten Mal zu einem wissenschaftlichen Durchbruch. Als Beginn der Klassischen Mechanik wird Isaac Newtons Buch Mathematische Prinzipien der Naturphilosophie von 1687 angesehen. Darin werden Bewegungen von Körpern, insbesondere die beschleunigten Bewegungen, mithilfe eines eigens hierfür geschaffenen neuen Kraftbegriffs umfassend analysiert. Newton wies nach, dass alle Beobachtungen und Messungen an Bewegungen von Körpern sich durch ein Gerüst weniger Grundannahmen erklären lassen. Er zeigte das, mittels der ebenfalls neuen mathematischen Technik der Infinitesimalrechnung, in mathematischer Strenge für die Beobachtungsergebnisse von Galilei zum freien Fall und die von Johannes Kepler zu den Planetenbewegungen, wie auch für zahlreiche eigene Beobachtungen und Messungen an bewegten Körpern.

Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts erbrachten Christiaan Huygens, Gottfried Wilhelm Leibniz, Johann I Bernoulli, Daniel Bernoulli, Leonhard Euler, Jean-Baptiste le Rond d’Alembert, Joseph-Louis de Lagrange, Pierre-Simon Laplace, Augustin Louis Cauchy, William Rowan Hamilton, (und andere) die notwendige Klärung einiger der newtonschen Begriffe und die Einführung weiterer Begriffe (z. B. Drehimpuls, Arbeit, Energie, Spannungstensor) und Techniken (z. B. d’Alembertsche Trägheitskraft, Lagrange-Formalismus). Damit dehnten sie das Anwendungsgebiet der Newtonschen Mechanik erheblich aus. Diese Lehre der Mechanik war so erfolgreich in der Deutung unzähliger Vorgänge, dass sie zur Grundlage eines Mechanistischen Weltbilds gemacht wurde[1], was vonseiten der traditionellen Philosophie jedoch teils auf heftigste Kritik stieß.[2]

Die Newtonsche Mechanik fand ab dem 19. Jahrhundert allmählich auch Anwendung im Bauwesen und im Maschinenbau, letzteres verstärkt aber erst ab Beginn des 20. Jahrhunderts. Während die so entstehende Technische Mechanik vollständig auf dem Newtonschen Kraftbegriff beruht, wurde dieser in der Theoretischen Mechanik durch Ernst Mach, Gustav Kirchhoff, Heinrich Hertz als nicht wirklich grundlegend kritisiert und trat in seiner Bedeutung in der Folge gegenüber den Begriffen Impuls und Energie zurück.

Dass die Gültigkeit der klassischen Mechanik ihre Grenzen hat, wurde Anfang des 20. Jahrhunderts entdeckt. Erkenntnisse der Elektrodynamik führten zu Problemen, die Albert Einstein im Rahmen seiner Speziellen Relativitätstheorie und Allgemeinen Relativitätstheorie mit einer Revision der klassischen Annahmen über Raum, Zeit und Masse löste. Danach bleibt die Newtonsche Mechanik näherungsweise gültig für die Bewegung von Körpern, deren Geschwindigkeiten gegenüber der Lichtgeschwindigkeit und deren Gravitationsenergie gegenüber ihrer Ruheenergie vernachlässigt werden können. Eine andere Gültigkeitsgrenze der klassischen Mechanik ergab sich aus den Erkenntnissen der Atomphysik, die – nach ersten Erfolgen von Niels Bohr und Arnold Sommerfeld – erst in der durch Werner Heisenberg und Erwin Schrödinger entwickelten Quantenmechanik erklärt werden konnten. Aus der Quantenmechanik ergibt sich, dass die klassische Mechanik für solche Vorgänge näherungsweise gültig ist, bei denen die De-Broglie-Wellenlänge der Körper vernachlässigbar klein gegenüber den maßgebenden räumlichen Abständen sind.

Formulierungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der klassischen Mechanik existieren verschiedene Prinzipien zur Aufstellung von Bewegungsgleichungen, die zur Beschreibung der Bewegung von Körpern genutzt werden. Diese stellen jeweils eine Weiterentwicklung oder Verallgemeinerung des zweiten Newtonschen Gesetzes dar. Bewegungsgleichungen sind Differentialgleichungen zweiter Ordnung, die nach der Beschleunigung aufgelöst werden können und deren Lösung den Ort und die Geschwindigkeit einer Masse zu jeder Zeit festlegt.

Newtonsche Gesetze[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Newtonschen Gesetze gelten als die Grundlage der klassischen Mechanik, auf der alle weiteren Modelle basieren. Zentrales Konzept dieser Formulierung ist die Einführung von Kräften, die eine Beschleunigung einer Masse hervorrufen. Die Bewegungsgleichung dieser Masse wird bestimmt durch die Überlagerung der Kräfte , die auf die Masse wirken:

Lagrange-Formalismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Lagrange-Formalismus beschreibt die Gesetze der klassischen Mechanik durch die Lagrange-Funktion , die für Systeme mit einem generalisierten Potential und holonomen Zwangsbedingungen als Differenz aus kinetischer Energie und potentieller Energie gegeben ist:

Die Bewegungsgleichungen ergeben sich durch Anwenden der Euler-Lagrange-Gleichungen, die die Ableitungen nach der Zeit , den Geschwindigkeiten und den generalisierten Koordinaten miteinander in Verbindung setzt:

Hamiltonsche Mechanik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Hamiltonsche Mechanik ist die am stärksten verallgemeinerte Formulierung der klassischen Mechanik und Ausgangspunkt der Entwicklung neuerer Theorien und Modelle, wie der Quantenmechanik. Zentrale Gleichung dieser Formulierung ist die Hamilton-Funktion . Sie ist folgendermaßen definiert:

Dabei sind die generalisierten Geschwindigkeiten und die generalisierten Impulse. Ist die potentielle Energie unabhängig von der Geschwindigkeit und hängen die Transformations-Gleichungen, die die generalisierten Koordinaten definieren, nicht von der Zeit ab, ist die Hamilton-Funktion in der klassischen Mechanik durch die Summe aus kinetischer Energie und potentieller Energie gegeben:[3]

Die Bewegungsgleichungen ergeben sich durch Anwenden der kanonischen Gleichungen:

Mit dem Hamilton-Jacobi-Formalismus existiert eine modifizierte Form dieser Beschreibung, die die Hamilton-Funktion mit der Wirkung verknüpft.

Grenzen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Viele alltägliche Phänomene werden durch die klassische Mechanik ausreichend genau beschrieben. Es gibt aber Phänomene, die mit der klassischen Mechanik nicht mehr erklärt oder nicht mehr in Einklang gebracht werden können. In diesen Fällen wird die klassische Mechanik durch genauere Theorien ersetzt, wie z. B. durch die spezielle Relativitätstheorie oder die Quantenmechanik. Diese Theorien enthalten die klassische Mechanik als Grenzfall. Bekannte klassisch nicht erklärbare Effekte sind Photoeffekt, Comptonstreuung und Hohlraumstrahler.

Das Verhältnis zur Relativitätstheorie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anders als in der Relativitätstheorie gibt es in der klassischen Mechanik keine Maximalgeschwindigkeit, mit der sich Signale ausbreiten können. So ist es in einem klassischen Universum möglich, alle Uhren mit einem unendlich schnellen Signal zu synchronisieren. Dadurch ist eine absolute, in jedem Inertialsystem gültige Zeit denkbar.

In der Relativitätstheorie ist die größte Signalgeschwindigkeit gleich der Vakuum-Lichtgeschwindigkeit. Unter der Annahme, dass zur Messung physikalischer Vorgänge benötigte Uhren perfekt synchronisiert werden können, lässt sich nun der Geltungsbereich der klassischen Mechanik gegenüber der Relativitätstheorie bestimmen. Die Annahme über die Synchronisierbarkeit gilt nämlich genau dann, wenn die zu messende Geschwindigkeit im Vergleich zur (maximalen) Signalgeschwindigkeit , mit der die Uhren synchronisiert werden, klein ist, d. h. .

Das Verhältnis zur Quantenmechanik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Gegensatz zu der Quantenmechanik lassen sich Massenpunkte mit identischen Observablen (Masse, Ort, Impuls) unterscheiden, während man in der Quantenmechanik von ununterscheidbaren Entitäten ausgeht. Das bedingt, dass klassische Körper in dem Sinne makroskopisch sein müssen, dass sie individuelle Eigenschaften besitzen, die sie unterscheidbar machen. Somit lassen sich z. B. Elementarteilchen einer Familie nicht als klassische Massenpunkte auffassen. Die Unterscheidbarkeit eines klassischen Teilchens rührt daher, dass es, wenn es sich selbst überlassen wird, in seinem vorherigen Inertialsystem verharrt. Dies ist für ein quantenmechanisch beschriebenes Teilchen nicht der Fall, da ein sich selbst überlassenes Teilchen nicht zwangsweise in seinem Inertialsystem verharrt. Diese Tatsache kann man in der Quantenmechanik herleiten, in dem man das Schrödinger-Anfangswertproblem für die Wellenfunktion eines Teilchens löst, dessen Aufenthaltswahrscheinlichkeit zu einem Zeitpunkt genau an einem Ort lokalisiert ist (ein so genannter -Peak). Die Aufenthaltswahrscheinlichkeit beginnt mit zunehmender Zeit zu zerlaufen.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Klassische Mechanik – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikibooks: Formelsammlung Klassische Mechanik – Lern- und Lehrmaterialien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Friedrich Hund: Geschichte der Physikalischen Begriffe. Teil I: Die Entstehung des mechanischen Naturbildes. 2. Auflage. BI Hochschultaschenbücher, Mannheim 1978. Vorwort.
  2. Erhard Scheibe: Die Philosophie der Physiker (Überarbeitete Taschenbuchausgabe). C. H. Beck, 2007, ISBN 3-406-54788-5, S. 22 ff.
  3. Herbert Goldstein: Klassische Mechanik. Frankfurt 1963, S. 244.